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Vortragseinladung 18.05.2011: Kritik der Psychopathologisierung von Homo-, Trans- und Intersexualität

Lüder Tietz, M.A.
Kritik der Psychopathologisierung von Homo-, Trans- und Intersexualität
Mittwoch 18.05.2011, 19:15, Von Melle Park 5 („Wiwi Bunker“) 0079

Gleichwohl es in Geek & Nerdkreisen bekannt „Updating is like russian roulettewith 6 bulletts“ (siehe), kommen Verteilermails ab jetzt von einer neuen Adresse. Sollte diese Ankündigung also über eMail überraschend ausgeblieben sein, wendet Euch einfach an die alte.

Zu unserem Vortrag von Lüder Tietz, Ethnologe mit Schwerpunkt Kulturwissenschaftliche Sexualitätenforschung, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kulturwissenschaftlichen Institut der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Dozent an der Akademie Waldschlösschen bei Göttingen

Viele geschlechtliche und sexuelle Praxen, die nicht der Heteronormativität entsprechen, werden weiterhin in den gängigen Diagnoserastern der Psychiatrie und Klinischen Psychologie (Internationale Klassifikation von Krankheiten: ICD-10 und Diagnostisches und Statistisches Manual: DSM-IV) pathologisiert. Die beschriebenen „Krankheitsbilder“ werden kritisiert und auf ihre historische Entstehung hin befragt. Dabei setze ich drei Schwerpunkte:

  • Das Konzept ‘weibliche Seele im männlichen Körper’, die Debatte zwischen Vorläufern der Emanzipations-Bewegung und der Sexualpsychiatrie und die Genese der Konzepte Homo- und Transsexualität;
  • Der zähe Kampf mit der Psychoanalyse und den christlichen ‘Homo-Heilern’ um die Entpathologisierung der Homosexualität;
  • Der Einsatz der Diagnose „Störung der Geschlechtsidentität des Kindesalters“ als versuchte Prävention von Homo- und Bisexualität sowie Transgender. Dabei soll das komplexe Wechselspiel zwischen hegemonialen
    Subjektivierungsbestrebungen und subalternen Entsubjektivierungsversuchen genauer beleuchtet werden.

Fabienne Imlinger: Der Fall des Hermaphroditen – Hermaphroditismus zwischen Autobiographie und Medizin um 1900

Logo des Podcasts von Jenseits der GeschlechtergrenzenAufgrund der hier im Weblog geäußerten Kritik an der (befürchteten) Vereinnahmung intersexueller Menschen für die Zwecke dekonstruktivistischer Queer Theory haben wir uns entschlossen, denn Mitschnitt vom letzten Mittwoch schon heute zu veröffentlichen. In Fabienne Imlingers (Mag. phil.) Vortrag geht es um „Der Fall des Hermaphroditen: Hermaphroditismus zwischen Autobiographie und Medizin um 1900“. Zu Beginn äußert sie sich direkt zum Kommentar von „seelenlos“. Die Referentin ist Promovendin am Zentrum für Sprach- und Literaturwissenschaft der LMU München und Mitglied im Promotionsstudiengang Literaturwissenschaft (ProLit).

[podcast]http://www1.uni-hamburg.de/QUEERAG/podcast/imlinger2010_CC.mp3[/podcast]
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Jenseits der Geschlechtergrenzen – damit könnte, und allzu treffend, der ontoepistemologische Ort des Hermaphroditen umschrieben sein: Der Hermaphrodit ist jenseits der Geschlechtergrenzen, sowohl zeitlich als auch räumlich gesehen – außerhalb, daneben, nach, vor. Der Hermaphrodit ist jenseits der Geschlechtergrenzen, wofern er die als Raum metaphorisierte Ordnung der Geschlechter überschreitet – weder/noch, beides zugleich, dazwischen. In einer geschlechtlich binär codierten Welt ist der Hermaphrodit nicht nur ein Grenzfall; er ist der Ausnahmezustand.

In meinem Vortrag möchte ich der (natur-)wissenschaftlichen Rhetorik des Hermaphroditen als Ausnahmezustand nachgehen, wofern dies eine der hegemonialen Strategien war und ist, geschlechtlich uneindeutige Menschen in ihrer ›Jenseitigkeit‹ zu denken – mit aller Ambivalenz, die dieser dem Hermaphroditen zugewiesen onto-epistemologische Ort beinhaltet. Ausgehend vom medizinischen Diskurs in Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts möchte ich zeigen, wie – möglicherweise auch warum – in historischer Perspektive insbesondere der Begriff des Monströsen für die Auseinandersetzungen um Hermaphroditismus von Bedeutung war und in der medizinischen Rhetorik auch noch prägend blieb, als Hermaphroditen sich längst vom Monster zur wissenschaftlichen Tatsache ›normalisiert‹ hatten.

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Hamburger Bürgerschaft diskutiert über Intersexualität

In der taz nord berichtet Eiken Bruhn, dass in der Hamburger Bürgerschaft heute über die medizinische Behandlung intersexueller Menschen diskutiert wird:

Damit will erstmals ein Landesparlament den „politischen Handlungsbedarf bei der Regelung für ärztliche Behandlungen von Hermaphroditen“ ausloten – so der Titel der heutigen Anhörung des Gesundheitsausschusses.
Initiiert haben die Expertenbefragung die Fraktionen von SPD und Linkspartei, die im vergangenen halben Jahr mehrere Anfragen an die Landesregierung zum Thema Intersexualität – früher waren die Begriffe „Zwitter“ und „Hermaphroditen“ gebräuchlich – gestellt hatten. Zwar sei der Handlungsspielraum gering, räumte gestern die SPD-Gesundheitspolitikerin Anja Domres ein, da sie Ärzten keine Vorschriften machen könnten. Sie hoffe aber, „eine breite Diskussion“ anzustoßen. (weiter zum Text)