Franziska Rauchut
Queer Theory und Queer Politics :
Thesen zur deutschsprachigen Queer-Debatte
Mittwoch 07.10.2012, 19:15, Von Melle Park 5 („Wiwi Bunker“) 0079
Herzlich willkommen im Wintersemester. Im Anschluß folgt eine weitere Mail mit Veranstaltungshinweisen. Beachtet auch, daß das aktuelle Programm- und Abstractheft online verfügbar ist unter http://www1.uni-hamburg.de/QUEERAG/test/abstractheftWS1213.pdf . Unsere Vorlesungsreihe „Jenseits der Geschlechtergrenzen“ beginnt am Mittwoch, mit einer Einführung zur die deutschsprachige Queer-Debatte. Dafür freuen wir uns, Franziska Rauchut, Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Herausgeberin aus dem weitläufigen Berlin begrüßen zu dürfen.
Aus dem Abstract:
„We are here, we are queer – we are used to it“? Zwei Jahrzehnte Queer Theory in der BRD sind Anlass genug, Bilanz zu ziehen: Welches Provokationspotential entfaltet queere Politik und Theorie heutzutage im deutschsprachigen Raum, welchen Anfeindungen und Kritiken war und ist die Queer Theorie ausgesetzt? Welche Modifikationen haben den Queer-Begriff und seine Inhalte geprägt, und welche gesellschaftlichen und strukturellen Normierungen machen das Queer-Projekt bis heute unabdingbar? Nur wenige Schlagworte und Begriffe wurden in den akademischen Debatten der letzten 20 Jahre so stark aufgenommen und lebhaft diskutiert wie queer (engl.: seltsam, pervers, sonderbar). Der notwendig unbestimmte Kampfbegriff aus dem Kontext der US-amerikanischen Lesben-, Schwulen-, Bi-, Transsexuellen- und Transgender-Bewegung der 1980er/1990er Jahre und sein zugehöriges Konzept ebneten sich den Weg in den Diskurs der akademischen Wissensbildung und modifizierten dabei herrschende Politikkonzepte. Queer fungierte als Identitäts-, Subjekt-, Ausschluss- und Normierungskritik. Das Konzept hinterfragte herrschende Geschlechter- und Sexualitätsordnungen sowie die heterosexuelle Matrix von sex-gender-desire. Queer Theory ging Bündnisse mit feministischen, antirassistischen und kapitalismuskritischen Ansätzen ein und bildete analytische Allianzen mit Cultural, Disability, Gender sowie Postcolonial Studies und vielen mehr. Protagonist_innen kämpften um Institutionalisierung und gegen Vereinnahmung in der und durch die Akademie.
Der Vortrag beinhaltet sowohl genealogische Betrachtungen zum queeren Aktivismus im US-amerikanischen und deutschsprachigen Raum, zur Veränderung und Beanspruchung des Queer-Begriffs durch verschiedene Gruppierungen, zu zentralen Denkmodellen und theoretischen Zugängen der Queer Theory als auch zu Institutionalisierungs- und Disziplinbildungsbestrebungen sowie zu queerer Kritik und Kritik an queer: Welche neuen Freiräume hat „Queer“ der Politik eröffnet, was blieb auf der Strecke und wie weit unterscheidet sich das deutsche „Queer“-Konzept von seinen Ursprüngen in den USA? Provokant gefragt: (Wie) Bleibt der Begriff in (der) Bewegung?