Archiv der Kategorie: Neuigkeiten

Petition Stoppt Racial Profiling

Auf der Petitionsseite des Bundestages kann derzeit die Petition „Bundespolizei — Äußere Merkmale nicht als Grund für Identitätskontrollen und Durchsuchungen“ unterzeichnet werden. Darin geht es um Racial Profiling durch die Polizei, also um verdachtsunabhängige Kontrollen von Personen of Color. Racial Profiling steht so zwar weder im Gesetz und auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat kürzlich festgestellt, dass die Praxis nicht rechtmäßig ist. Weil staatliche Institutionen von strukturellem Rassismus durchzogen sind, ist sie aber trotzdem Alltag. Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) und das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) fordern konkrete politische Schritte zu unternehmen, um Racial Profiling in Deutschland abzuschaffen. Mit eurer Unterschrift könnt ihr einen Teil dazu beitragen, denn wenn innerhalb der nächsten zehn Tage 50 000 Unterschriften zusammenkommen, wird die Initiative vor den Petitionsausschluss geladen und das Thema bekommt mehr Öffentlichkeit.

Mehr Infos zum Thema:
Kampagenenseite: www.stoppt-racial-profiling.de
ISD Online: Stoppt Racial Profiling
iheartdigitallife.de: Das bisschen Solidarität

Offener Brief für den Erhalt des Zentrums für Disability Studies

Im Folgenden möchten wir einen Offenen Brief dokumentieren, den wir zur Unterstützung des Zentrums für Disability Studies (ZeDiS) geschrieben haben. Das ZeDiS freut sich sicherlich auch über weitere Wortmeldungen in dieser Sache:

Sehr geehrte Frau Dr. Stapelfeldt, sehr geehrte Frau Körner, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Lenzen, sehr geehrte Mitglieder des Wissenschaftsausschusses,

die AG Queer Studies ist eine Arbeitsgruppe an der Universität Hamburg, die unter anderem eine seit über 20 Jahren bestehende interdisziplinäre Ringvorlesung organisiert und sich darüber hinaus gemeinsam mit dem Zentrum für Disability Studies (ZeDiS) und dem Zentrum Gender Wissen für einen Studiengang Intersectionality Studies einsetzt, der Diskriminierung und Benachteiligung in der Gesellschaft thematisieren und interdisziplinär untersuchen will.

Wie wir erfahren haben, ist der Bestand des ZeDiS an der Universität Hamburg über das Ende der gegenwärtigen Projektförderung hinaus nicht gesichert. Dabei leistet das ZeDiS seit nunmehr sieben Jahren mit seinen Veranstaltungen und seinem Lehr- und Beratungsangebot einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems und zur Etablierung der Disability Studies im deutschsprachigen Raum.

Die Disability Studies sind ein junges, aber international bereits etabliertes Forschungsfeld, welches das Thema Behinderung nicht mehr mit einem defizitorientierten, oft hauptsächlich medizinischen Zugang erforscht, sondern die Barrieren und Hindernisse in der Gesellschaft insgesamt interdisziplinär untersucht. Sowohl in den USA als auch in Großbritannien existieren bereits zahlreiche Institute und Lehrstühle für Disability Studies und auch im deutschsprachigen Raum sind inzwischen in Berlin, Bochum, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Marburg sowie in Innsbruck und Zürich Lehr- und Forschungstätigkeiten zu verzeichnen. Eigenständige Forschungseinrichtungen zu diesem Thema bestehen aber derzeit nur in Köln mit der Internationalen Forschungsstelle Disability Studies und an der Universität Hamburg mit dem Zentrum für Disability Studies. Damit zählt die Universität Hamburg zu den führenden Hochschulen in diesem Bereich im deutschsprachigen Raum. Das ZeDiS hat in den vergangenen Jahren ein umfangreiches Lehrangebot sowie mehrere wissenschaftliche Tagungen organisiert und einen Nebenfachstudiengang in Disability Studies entworfen. Gemeinsam mit der AG Queer Studies hat das ZeDis den Workshop „Queer meets Disability“ mit Prof. Robert McRuer (George Washington University) und Dr. Heike Raab (Universität Innsbruck) veranstaltet. Weitere Veranstaltungen und wissenschaftliche Sammelbände sind in diesem Arbeitszusammenhang bereits geplant.

Es erscheint uns daher um so unverständlicher, dass die Existenz des ZeDiS an der Universität Hamburg nicht nachhaltig gesichert ist und sogar vor dem Ende steht. Wir möchten Sie hierbei an einen Fehler der Vergangenheit erinnern: Die Universität Hamburg zählte zu den ersten Universitäten, die einen Studiengang in Gender Studies einführten. Nach einem guten Start des interdisziplinären und hochschulübergreifenden Studienprogrammes wurden vergleichsweise geringe finanzielle Mittel nicht mehr zur Verfügung gestellt, so dass der Studiengang nach wenigen Semestern wieder abgeschafft wurde. Mit dem Zentrum für Disability Studies würde die Universität Hamburg wiederum eine Vorreiterrolle in einem wichtigen Forschungszweig aufgeben.

Hiergegen protestiert die AG Queer Studies! Wir möchten Sie dringend darum bitten, die Forschung und Lehre im Bereich der Disability Studies an der Universität Hamburg langfristig zu verankern. Dazu ist eine entsprechende langfristig gesicherte Finanzierung notwendig. Sie würden damit nicht nur für mehr Inklusion im Hochschulbereich sorgen und damit der gesellschaftlichen Verantwortung von Universitäten in Deutschland Rechnung tragen, sondern auch der Wissenschaft in Hamburg einen Dienst erweisen: Sorgen Sie für den Erhalt des ZeDiS!

Mit freundlichen Grüßen

AG Queer Studies

Ab morgen: Frauen*Hochschulwoche an der Uni Hamburg

Vom 26. bis 30. November 2012 findet an der Uni Hamburg die vom AStA organisierte Frauen*Hochschulwoche statt. Es erwarten euch eine Reihe von Workshops und Vorträgen zu Themen wie Frauen und Revolution, Körperarbeit, Frauen in Afghanistan, kritische Männlichkeit, Definitionsmacht und Intersektionalität. Für Einstieger_innen wahrscheinlich besonders interessant und an dieser Stelle empfohlen sei der Workshop von Do. Gerbig mit dem Titel „Fiktion und Wirklichkeit der zwei-geschlechtlichen Ordnung“. Wer sich für die Möglichkeiten von queer-feministischem Netzaktivismus interessiert, sollte ich den Mittwoch nachmittag frei halten. Im Laufe der Woche gibt es außerdem die Ausstellung „Fair A Gender?“ zu sehen. Mehr zu den Programmpunkten sowie zu den Öffnungspolitiken und ggf. erforderlicher Voranmeldung erfahrt ihr direkt beim AStA.

Lesung am Donnerstag (1. November 2012): „The Little Book of Big Visions: How to be an Artist and Revolutionize the World“

In dieser Woche laden wir euch in Rahmen von „Jenseits der Geschlechtergrenzen“ zu einer Lesung ein, die abweichend am Donnerstagum 16 Uhr stattfinden wird.

01.11.2012 16:00 bis 18:00 Uhr
Raum 221 ESA-West Flügelanbau, abweichend ein Donnerstag
Lesung aus:
„The Little Book of Big Visions: How to Be an Artist and Revolutionize the World“
Mit den Herausgeberinnen Sandrine Micossé-Aikins und Sharon Dodua Otoo sowie Philipp Khabo Koepsell

Die Lesung findet in englischer Sprache statt.

German theatres still have almost exclusively white ensembles and AfroGerman visual artists continue to struggle for recognition free of labels like “African” or “migrant” – even in 2012. “The Little Book of Big Visions: How to Be an Artist and Revolutionize the World,” edited by Sandrine Micossé-Aikins and Sharon Dodua Otoo, discusses the current situation of Black artists in Germany and presents their visions for equality in text and image form. This results in an innovative work engaging in a discourse reaching far beyond concepts of “integration” or “migration” – or even “race” or “equality” themselves. This anthology is aimed primarily at Black cultural producers living and working in Germany, as well as those who reside in English-speaking contexts throughout the diaspora. However, this book is also aimed at everyone who has an interest in revolutionizing the contemporary art scene in Germany and ensuring that it finally begins to be truly reflective of its actual and future populations.

Schwarze Künstler_innen in Deutschland befinden sich – notwendigerweise – in einer Position, in der double consciousness, Subversivität und Widerstand – sowohl implizit als auch explizit – zu wichtigen Strategien werden, die es erlauben, in diesem überwiegend weißen Umfeld überleben zu können. The Little Book of Big Visions. How to Be an Artist and Revolutionize the World, die erste Publikation der englischsprachigen Reihe Witnessed, beantwortet die Fragen, wie wahrlich egalitäre Gemeinschaften und Gesellschaften aussehen könnten und welche Rolle Schwarze Kulturschaffende in der Verwirklichung solcher Visionen spielen. Wie würden Schwarze künstlerische Praxen innerhalb solch visionärer Gemeinwesen aussehen? Was befindet sich jenseits von Reaktion und Widerstand? Dieses Buch möchte einen Beitrag zu einem in Deutschland unterrepräsentierten Diskurs leisten, indem es eine Diskussion der aktuellen Situation Schwarzer Kulturschaffender in Deutschland ermöglicht und einen Fokus darauf legt, wie zeitgenössische Schwarze Kulturschaffende in Deutschland Visionen von Chancengleichheit schaffen und kommunizieren.

Der Band ist die erste Veröffentlichung der Reihe Witnessed und ist erschienen bei Edition Assemblage.

Mit Beiträgen von:
Jamika Ajalon, Bibiana Arena, Mo Asumang, Sonia Elizabeth Barrett, Misa Dayson, Philipp Khabo Koepsell, Gyavira Lasana, Stephen Lawson, Sandrine Micossé-Aikins, Caille Millner, Yvette Mutumba, Sharon Dodua Otoo und
Alexander G. Weheliye.

Sandrine Micossé-Aikins & Sharon Dodua Otoo
Sandrine Micossé-Aikins ist Malerin, Konzeptkünstlerin und Kuratorin und lebt in Berlin. Sandrine Micosse-Aikins war 2008-2010 Projektleiterin der Veranstaltungsreihe Re/Positionierung – Critical Whiteness/Perspectives of Color und Co-Kuratorin des Workshops sowie der Ausstellung prét-a-partager.
Sharon Dodua Otoo ist Schwarze Britin – Mutter, Aktivistin, Autorin und Herausgeberin der englischsprachigen Buchreihe „Witnessed“ in der edition assemblage. „the things i am thinking while smiling politely“, ihre erste Novelle, erschien kürzlich in der edition assemblage (2012). Sharon lebt, lacht und arbeitet in Berlin.

Lesung am Mittwoch (31. Oktober 2012): „Ich könnte heulen, daß ich frei bin“ aus dem Werk von Ronald M. Schernikau

An diesem Mittwoch findet kein regulärer Vortrag im Rahmen der Vorlesungsreihe statt (dafür am Donnerstag). Für Mittwoch empfehlen wir stattdessen eine Lesung im Politbüro, die die AG Queer Studies mit unterstützt.

Ich könnte heulen, daß ich frei bin
Eine Lesung aus dem Werk von Ronald M. Schernikau

31.10.2012, 20:00 Uhr, Polittbüro

Mit Gesche Piening und Stephan Benson
Konzept: Gesche Piening und Peter Punckhaus

Als alle in den Westen wollten, ging er Ende der 1980er Jahre in die DDR. Dann fiel die Mauer und Ronald M. Schernikau fand sich wieder in einer nun noch größeren BRD. Mit nur 31 Jahren starb er 1991 an den Folgen einer Aids-Erkrankung. Trotz seines frühen Todes hinterließ er ein Werk, das in der deutschen Literatur seinesgleichen sucht. Es beginnt 1980 mit dem autobiografisch geprägten Debüt „Kleinstadtnovelle“, einer intensiven Beschreibung eines schwulen Coming-out – heute ein Klassiker der schwulen Literatur. Seine doppelte Außenseiterposition als Schwuler und Kommunist durchzieht das gesamte Werk Schernikaus, wobei neben seinem großen Roman „Legende“ besonders der essayistische Band „Die Tage in L.“ hervorzuheben ist, der sowohl grundlegende politische als auch ästhetische Fragen aufwirft und zueinander in Beziehung setzt.Ein kurzes Leben und ein einzigartiges Werk, das rasch Kultstatus erwarb, bietet es doch sehr viel von dem, was der Literatur in beiden
deutschen Staaten so oft abging: provokanten Witz, politische Klugheit, intellektuelle Waghalsigkeit und eine lustvolle Selbststilisierung.

Gesche Piening, Jahrgang 1978, Schauspielstudium an der Otto-Falckenberg-Schule in München, Abschluss 2003. Seither lebt und arbeitet sie freischaffend in München als Schauspielerin, Regisseurin, Dozentin und Trainerin.

Stephan Benson, Jahrgang 1964, nach Theaterengagements in Frankfurt, Stuttgart, Zürich und am Thalia-Theater Hamburg lebt er heute als freischaffender Schauspieler in Hamburg. Seither ist er in Funk- und Filmproduktionen zu sehen. Er ist außerdem ein renommierter Hörbuch- und Synchronsprecher.

31.10.2012, 20:00 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45, 20099 Hamburg
Kartentelefon: 040 28055467, Eintritt: € 15/10

In Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung,dem Buchladen Männerschwarm und der AG Queer Studies an der Universität Hamburg, gefördert durch die Freie und Hansestadt Hamburg, Kulturbehörde.

Willkommen im Wintersemester!

Die Programmhefte sind gedruckt, es kann also losgehen! Hier ein kleiner Einblick in das, was euch erwartet. Unsere Vorlesungsreihe bietet im Wintersemester 2012/13 wieder ein abwechslungsreiches Programm mit großer Themenvielfalt und verschiedenen Formaten. Wir freuen uns, dass wir für die einführende Veranstaltung Franziska Rauchut gewinnen konnten und die Einführung in Queere Theorien und Politiken in diesem Semester vertrauensvoll in ihre Hände legen können.

Zur zweiten Sitzung wird es Ausschnitte aus dem Film „Augen blickN“ zu sehen geben. Die Regisseurin Prof. Gesa Ziemer ist anwesend und wird einen Input liefern. Bei dieser Kooperationsveranstaltung mit dem Zentrum für Disability Studies werden Schriftmittler_innen anwesend sein. In der Woche darauf präsentieren wir eine Lesung aus „The Little Book of Big Visions: How to Be an Artist and Revolutionize the World“, die abweichend vom üblichen Termin an einem Donnerstag (16 bis 18 Uhr) im Flügelbau des Hauptgebäudes (ESA West: 221) stattfindet. Zu Gast sind die Herausgeberinnen Sandrine Micossé-Aikins und Sharon Dodua Otoo.

Im Januar freuen wir uns, ein weiteres Mal Noah Sow in unserer Reihe begrüßen zu dürfen, die die Fallen, welche mediale Begegnungen für Marginalisierte mit sich bringen, analysiert und zeigt, wie diese kontrolliert und selbstbestimmt gestaltet werden können. Ebenfalls im Januar spricht Prof. Maureen Maisha Eggers aus der Perspektive der Critical Race Theory über Diversität und intersektionelle Queer Theory. Ein feministisch sex-p(l)ositives Feuerwerk werden wir zünden, wenn am 14. November Dr. Laura Meritt nach Hamburg kommt. Sie ist Initiatorin des PorYes – Feminist Porn Awards Europe und Betreiberin von „Sexclusivitäten“ in Berlin.

Ganz besonders freuen wir uns auch auf die Vorträge von Joke Janssen (Normalisierungs- und Anrufungsstrategien zum Cochlea-Implantat für Kinder gehörloser Eltern) und Bertold Scharf (Die „Trümmerfrauen“ als Gründungsmythos der Bundesrepublik), denn beide sind langjährige Wegbegleiter bzw. Mitglieder der AG Queer Studies. Besonders schön femme/inistisch wird es, wenn am 16. Januar Sabine Fuchs zu Gast ist und sie darüber spricht, was die Mimesis mit/aus widerspenstigen weiblichen Subjekten macht. Weitere Themen des Wintersemesters sind Geschlechterarrangements im Hardcore (Marion Schulze), inter-solidarische Positionierungen (Anja Gregor), Girlfags & Guydykes (Uli Meyer) und die „Suche nach Geschlechtlichkeit und Sexualität in klassischen psychologischen Theorien des 20. Jahrhunderts“, auf die sich Anna Sieben mit uns begeben wird.

Last but not least steht zum Ende des Wintersemesters wieder der entzückende Besuch von Blessless Mahoney und Didine van der Platenvlotbrug auf dem Programm, die uns die neuesten Ergebnisse ihrer Forschung präsentieren werden. Ihr Vortrag über die „luminöse Topographie“ findet als Publikumsmagnet abweichend im Hauptgebäude Hörsaal C statt.

Auch in diesem Semester stehen uns dank der finanziellen Unterstützung der Gemeinsamen Kommission Gender- und Queer Studies Mittel zur Verfügung, um einige Vorträge von DGS-Dolmetscher_innen übersetzen zu lassen. Aus organisatorischen Gründen bitten wir darum, dass uns Interessierte frühzeitig, mindestens jedoch vier Wochen vor dem jeweiligen Vortrag kontaktieren.

Eure AG Queer Studies

Programm-Übersicht Wintersemester 2012/2013 als PDF (129 KB)
Programmheft mit Informationen zu allen Vorträgen Wintersemester 2012/2013 als PDF (1,1 MB)

Absage/Verschiebung

Wir müssen euch leider mitteilen, dass der Workshop „Mehrfachpositionierungen im Kontext von rassistischen und sexistischen Strukturen“ wegen zu weniger Anmeldungen abgesagt werden muss.
Die Workshopleiterin von der Gruppe KARaNo will diesen aber nachholen und wird den neuen Termin rechtzeitig bekannt geben, damit es längerfristiger mit den Anmeldungen dann klappt.
Vielen Dank und alles Gute dafür!

Aufruf zur praktischen Solidarität am kommenden Wochenende: „Menschenrechte auch für Zwitter!“

Inhaltswarnung: medizinische Gewalt/explizite Benennung gewaltsamer medizinischer Praxen im Kontext Intersexualität in der unten zitierten Pressemitteilung.

Die Gruppe Zwischengeschlecht.org ruft für das kommende Wochenende zum Protest gegen Genitalverstümmlung bei intersexuell geborenen Kindern auf. Anlass ist der Kongress der Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Das Bündnis enter_the_gap und die AG Queer Studies schließen sich diesem Aufruf und der Forderung nach einem Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen und „Menschenrechte auch für Zwitter!“ an.

Am Donnerstag um 19 Uhr wird es eine Infoveranstaltung im Kulturkursraum der Uni geben. Wer sich dem Protest anschließen will kommt am Samstag zwischen 10 und 18 Uhr zum Congresscentrum (CCH) und am Sonntag zwischen 11 und 15 Uhr zum Altonaer Krankenhaus (jeweils vor dem Haupteingang). Genauere Informationen findet ihr in der Presseerklärung von Zwischengeschlecht.org.

Die Universität Hamburg war zentral für die Durchsetzung der systematischen Inters*x-Genitalverstümmelungen. Unbeirrbar verteidigten Professoren kosmetische Klitorisamputationen: „Die Orgasmusfähigkeit leidet durch die Klitorisentfernung nicht. Das Organ soll dabei exstirpiert werden.“ Heute noch werden in mindestes 5 Hamburger Kliniken medizinisch nicht notwendige „Genitalkorrekturen“ an Kindern durchgeführt. Diese Woche treffen sich im Congress Center Hamburg zur „DGKJ 2012“ mehrere verantwortliche Medizinerverbände.

Betroffene und Unterstützende protestieren und fordern Aufarbeitung!

  • Do 13.09.2012 19:00h INFOABEND im Kulturkursraum der Universität
    Von Melle Park 5 (“Wiwi Bunker” Eingang AStA Trakt)
    „Inters*x-Genitalverstümmelungen in Hamburg – Geschichte und Gegenwart“
    Vortrag & Diskussion mit Markus Bauer (Zwischengeschlecht.org)
  • Sa 15.09. 10-18h FRIEDLICHER PROTEST „DGKJ 2012“ Congress Center Hamburg CCH
    Am Dammtor / Marseiller Str., 20355 Hamburg, vor dem Haupteingang
  • So 16.09. 11-15h FRIEDLICHER PROTEST Altonaer Kinderkrankenhaus AKK
    Bleickenallee 38, 22763 Hamdem Haupteingang

„In der Regel wird die Klitorisreduktionsplastik in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt.“ (DGKJ-Leitlinie 027/047 „Adrenogenitales Syndrom“, Evidenzstufe: S1 = niedrigste)

Etwa jedes 1000. Kind wird mit „atypischen“ körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren (sog. Zwitter, Hermaphroditen, Inters*xe). Bis heute werden diese Menschen zu 90% als Kleinkinder kosmetisch genitaloperiert. Allein in Deutschland wird JEDEN TAG in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt – auch in Hamburg.

Historisch waren die Universität Hamburg und ihre Kinderkliniken das 2. wichtigste Zentrum in Europa zur Durchsetzung der systematischen Genitalverstümmelungen an Inters*x-Kindern, und in Sachen kosmetische Klitorisamputationen das wohl unbeirrbarste. Prof. Jürgen Bierich behauptete bis mindestens 1971, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass die Orgasmusfähigkeit durch Klitorisentfernungen nicht beeinträchtigt werde. Bis mindestens 1976 wurde an der Uni Hamburg gelehrt: „In der Kinderheilkunde ist die Indikation zur Klitorektomie gegeben, wenn […] bei Mädchen ein übermäßiges Wachstum der Klitoris stattfindet.“

„Indiziert ist die Korrektur auch aus ästhetisch-psychologischen Gründen. Ziel ist die Positionierung des Meatus urethrae an der Glansspitze.“ (DGKCH-Leitlinie 006/026 „Hypospadie“, Evidenzstufe: S1 = niedrigste)

Heute noch sind in Hamburg medizinisch nicht notwendige „Genitalkorrekturen“ an wehrlosen Kindern an der Tagesordnung, etwa im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), dessen Ableger Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) und in den Privatkliniken Katholisches Kinderkrankenhaus Wilhelmsstift, Asklepios und Helios Mariahilf.

In dieser Woche versammeln sich in Hamburg zur „DGKJ 2012“ zwei der hauptsächlich verantwortlichen Genitalabschneider-Standesorganisationen, nämlich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), um möglichst ungestört neue „Verbesserungen“ ihrer menschenrechtswidrigen „Behandlungen“ zu propagieren.

„Ein uneindeutiges Genitale kann eine erhebliche psychosoziale Belastung der Eltern und der Familie bedeuten.“ (DGKJ-Leitlinie 027/022 „Störungen der Geschlechtsentwicklung“, Evidenzstufe: S1 = niedrigste)

Wir wollen bei diesen täglichen Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre nicht mehr länger tatenlos zusehen!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org, bestehend aus Betroffenen und solidarischen Nicht-Zwittern, kämpft seit 5 Jahren gegen kosmetische Genitaloperationen in Kinderkliniken – und wird mit Unterstützung von enter_the_gap! und der AG Queerstudies vor Ort in Hamburg über diese menschenrechtswidrigen Praktiken informieren.

Und am Wochenende vor dem Kongress und dem Kinderkrankenhaus der Universitätsklinik friedlich protestieren – gegen die GenitalabschneiderInnen und gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit!

„Zudem bietet die operative Korrektur von der männlichen in die weibliche Richtung weit weniger Schwierigkeiten als umgekehrt.“ (DGU-Leitlinie 043/029 „Störungen der s*xuellen Differenzierung“, Evidenzstufe: S1 = niedrigste)

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie „Menschenrechte auch für Zwitter!“.

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Workshop: Mehrfachpositionierungen – im Kontext von rassistischen und sexistischen Strukturen

Wir freuen uns, auch bei der Bekanntmachung dieses neuen workshops im Rahmen der Aktionswochen von enter_the_gap! unterstützen zu dürfen! Er wird schon am kommenden Samstag stattfinden!

 

Mehrfachpositionierungen – im Kontext von rassistischen und sexistischen Strukturen

 

Samstag, 15. September 2012, 11-16 Uhr, im Curio Haus, Rothenbaumchaussee 15

Die Veranstaltung richtet sich nur an FLTI* of Color / Schwarze FLTI* / FLTI* mit Migrationsgeschichte.

 

Rassismus, (Hetero-)Sexismus und Transphobie sind in Deutschland gesellschaftliche ‚Normalität‘ und gehören zur Lebenswelt und Alltagserfahrung von FLTI* of Color / Schwarze FLTI* / FLTI* mit Migrationsgeschichte. Als gesellschaftliche Machtverhältnisse bewirken Rassismus und Sexismus Benachteiligung, Ausgrenzung und Gewalt. Sie bestimmen das Wissen und die Bilder über markierte Menschen und legen damit auch fest auf welche Weise wir uns selbst und einander wahrnehmen.

Sowohl in heteronormativ geprägten Gruppen als auch in von Mitgliedern der Mehrheitsgesellschaft dominierten feministischen Zusammenhängen werden häufig die Thematisierung diese Mehrfachpositionierungen und Erfahrungswelten ausgeblendet oder reflexartig abgelehnt.

 

Vor diesem Hintergrund richtet sich dieser Workshop ausschließlich an Personen mit eigenen Rassismus- und Sexismuserfahrungen. D.h. an Menschen, die in Deutschland aufgrund ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer ethnischen und/oder religiösen Zugehörigkeit oder ihrer Sprache mit Rassismus und aufgrund ihres Geschlechts und/oder sexuellen Orientierung mit (Hetero-)Sexismus und Transphobie konfrontiert sind.

 

Ziel des Workshops ist es, kollektiv einem Raum zu gestalten, in dem es möglich wird, die verschieden erlebten und erfahrenen (Mehrfach-) Diskriminierungen zur Sprache zu bringen.

Im Verständnis einer subjektorientierten politischen Bildungsarbeit werden wir, mit Lust und Bewegung, uns unser Wissen, unsere Potenziale und unsere Handlungsstrategien bewusst machen, im Gruppenprozess reflektieren und erweitern.

In diesem Sinne können Handlungsspielräume und Alternativen für individuelle und kollektive Politisierung und Stärkung sichtbar gemacht werden.

 

 

Leitung: Nissar Gardi (Karano, GEW)

Maximal 18 Teilnehmende möglich. Um Anmeldung unter Workshop-RS@gmx.de wird gebeten.

FLTI* steht für FrauenLesbenTransIntersex Personen

Der Zugang zum Raum ist barrierefrei.