Judith Scheunemann: (Un-)wirklichkeiten von (A-)Sexualität

Logo des Podcasts von Jenseits der GeschlechtergrenzenObwohl die Ringvorlesung „Jenseits der Geschlechtergrenzen“ seit über 20 Jahren an der Universität Hamburg stattfindet wurde das Thema Asexualität bis zum vergangenen Semester noch nie eigens behandelt. Es war also höchste Zeit damit zu beginnen, diese Leerstelle zu füllen. Judith Scheunemann thematisiert in ihrem Vortrag „(Un-)wirklichkeiten von (A-)Sexualität“ nicht nur sexualwissenschaftliche Überlegungen zu Asexualität, sondern zeigt auf Basis ihrer Forschung, wie sich Asexuelle im Kontext einer noch nicht erreichten gesellschaftlichen Anerkennung der Wirklichkeit von Asexualität selbst definieren. Dipl.-Soz. Judith Scheunemann lehrt z.Zt. an der Helmut-Schmidt Universität-Hamburg und ist aktiv in der AG Queer Studies.

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Seit ich mich im Jahr 2008/2009 im Rahmen meiner Diplomarbeit mit dem Phänomen der Asexualität beschäftigt habe, ist mir – genau wie ich es aus Berichterstattungen von Personen kenne, die sich als asexuell bezeichnen – eine Frage immer wieder begegnet: „Gibt es Asexualität wirklich?“ Dahinter steht die Annahme, Sexualität sei etwas natürliches, jeder Mensch sei von Geburt an sexuell. Abweichungen von dieser Norm, so die Annahme, könnten nur pathologisch oder nicht wirklich existent sein. Um ein Verständnis menschlicher Sexualität zu bekommen, sind Freuds Werke noch immer eine der prominentesten Quellen. Dieser Spur möchte auch ich nachgehen, mit der Frage: Wie lässt sich Freud auf den heutigen Begriff der Asexualität anwenden und wie stellt er diese dar? Nach dieser historisch-psychoanalytischen Perspektive wende ich mich stärker soziologisch-konstruktivistischen Theorien zur (A-)Sexualität zu. Dies geschieht mit der Fragestellung, ob und inwiefern ein Unterschied zur vorherigen Perspektive besteht und ob neuere Theorien helfen, das Phänomen Asexualität genauer zu erfassen. Da ich davon ausgehe, dass es für ein breiteres Verständnis eines Phänomens sinnvoll ist, nicht nur die Theorie einzubeziehen, möchte ich auch die Empirie betrachten. Daher werde ich Beispiele aus der Empirie mit folgender Frage untersuchen: Wie definieren sich asexuelle Personen selbst? Hierfür beziehe ich mich auf meine inhaltsanalytische Auswertung der Internetseite AVEN (Asexual Visibility and Education Network), einer Internetseite von asexuellen Personen, die im Jahr 2004 in Deutschland entstand. Der Bogen zur anfänglich angesprochenen Problematik der Fremdwahrnehmung von Asexualität schließt sich schlussendlich, indem ich mir zuletzt genauer anschaue, wie Medien (besonders Zeitungen) das öffentlich präsenter werdende Thema verhandeln.