Vortragseinladung: 21.04.2010 – „Hermaphroditismus 1900“

Fabienne Imlinger, Mag. phil.
Der Fall des Hermaphroditen : Hermaphroditismus zwischen Autobiographie und Medizin um 1900
Mittwoch, 21. April 2010, 19ct, Von Melle Park 5 („Wiwi Bunker“) 0079

Kommenden Mittwoch begeben wir uns in die Geschichte für ein geradezu paradigmatisches Thema in der Untersuchung der Herstellung von „Geschlecht“.

Vortragsabstract:

Jenseits der Geschlechtergrenzen – damit könnte, und allzu treffend, der ontoepistemologische Ort des Hermaphroditen umschrieben sein: Der Hermaphrodit ist jenseits der Geschlechtergrenzen, sowohl zeitlich als auch räumlich gesehen – außerhalb, daneben, nach, vor. Der Hermaphrodit ist jenseits der Geschlechtergrenzen, wofern er die als Raum metaphorisierte Ordnung der Geschlechter überschreitet – weder/noch, beides zugleich, dazwischen. In einer geschlechtlich binär codierten Welt ist der Hermaphrodit nicht nur ein Grenzfall; er ist der Ausnahmezustand.

In meinem Vortrag möchte ich der (natur-)wissenschaftlichen Rhetorik des Hermaphroditen als Ausnahmezustand nachgehen, wofern dies eine der hegemonialen Strategien war und ist, geschlechtlich uneindeutige Menschen in ihrer ›Jenseitigkeit‹ zu denken – mit aller Ambivalenz, die dieser dem Hermaphroditen zugewiesen onto-epistemologische Ort beinhaltet. Ausgehend vom medizinischen Diskurs in Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts möchte ich zeigen, wie – möglicherweise auch warum – in historischer Perspektive insbesondere der Begriff des Monströsen für die Auseinandersetzungen um Hermaphroditismus von Bedeutung war und in der medizinischen Rhetorik auch noch prägend blieb, als Hermaphroditen sich längst vom Monster zur wissenschaftlichen Tatsache ›normalisiert‹ hatten.

10 Gedanken zu „Vortragseinladung: 21.04.2010 – „Hermaphroditismus 1900“

  1. Wer (wie diese Ankündigung den Anschein erweckt) die Leiden der Zwitter aufs Tapet bring, nur um sie als Kanonenfutter zur „Dekonstruktion von Geschlecht“ zu benutzen oder zur Kritik an „hegemonialen Strategien“, und nicht gleichzeitig zumindest konkrete und gewichtige Beiträge leistet zum Kampf der Zwangsoperierten um Beendigung der auch vor der euren eigenen Haustüren nach wie vor täglich begangenen kosmetischen Genitalverstümmelungen an Zwittern (allein in Deutschland wird JEDEN TAG mindestens ein wehrloses Zwitterkind genital zwangsoperiert – auch am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, auch an der Kinderchirurgischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität in München!) bzw. nicht konkret seinen Teil dazu beiträgt, die Zwangsoperateure endlich zur Rechenschaft zu ziehen, ist einE HeuchlerIn und macht sich zum/zur MittäterIn.

    Zwitter und progressive LGB(T)s kritisieren diese Vereinnahmung schon lange:
    http://zwischengeschlecht.info/post/2009/08/23/Zwitter-und-progressive-LGBTs-gegen-Vereinnahmung

    Informiert euch und macht es künftig besser!

  2. danke für deine antwort. leider verstehe ich auch nach einem blick auf die von dir verlinkte buchankündigung nicht ganz, was du damit konkret sagen willst, noch, wo darin eine konkrete politische praxis liegen soll?

  3. In dem Sammelband gibt es einen Artikel wo es um die Problematik der Vereinnahmung von Intersexuellen geht…

  4. na, wäre ja tatsächlich schon mal sehr löblich mit dem artikel. allerdings ergibt sich daraus noch keine politische praxis gegen die kosmetischen zangsoperationen, wie sie auch am hamburger universitätsklinikum UKE nach wie vor üblich sind, wie auch an der chirurgischen kinderklinik der uni der referentin. und ist erst recht keine ausrede, dann im heutigen vortrag offensichtlich selber wieder vereinnahmung zu betreiben.

  5. die referentin hat sich in ihrem vortrag auf die kritik hier bezogen. ich war selbst nicht dabei, aber wir stellen den vortrag voraussichtlich schon morgen als podcast online.

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