Votragseinladung 28-11-2018: Antifeminismus vor Gericht – Über die Macht psychologischer Sachverständiger in Sexualstrafprozessen

Mittwoch, den 21.11.18 um 19:15 Uhr
Von-Melle-Park 5, Raum 0079

Antifeminismus vor Gericht – Über die Macht psychologischer Sachverständiger in Sexualstrafprozessen

Clara Kern*, Diplom-Psychologin, lebt zerstreut zwischen Wien und manch anderen Orten, interessiert sich insbesondere für (Un-)Rechtsfragen

Anne Roth, Diplom-Psychologin, begleitet und unterstützt Betroffene sexualisierter Gewalt bei LARA, Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen* in Berlin

Hier das Abstract zum Vortrag:

Innerhalb des Staats- und Justizsystems werden für bestimmte Fälle psychologische Sachverständige zu Stellungnahmen aufgefordert, die einen maßgeblichen Einfluss auf das Urteil haben. Dabei geht es u.a. um die Einschätzung, inwieweit eine Person „glaub­würdig“ ist – sei es in Entschädigungs- und Strafverfahren nach Gewalttaten, bei der Über­prüfung der „Legitimität“ des asylrechtlichen Aufenthalts oder der Feststellung der „Arbeits(un)fähigkeit“. Die Gutachter_innen wenden dabei „objektive“, „wissen­schaftliche“ Methoden an, um die „Lügner_innen“ von den „Wahrheitstreuen“ zu unter­scheiden. Diese (Vor-)Verurteilungen werden stark durch populäre false-memory-Modelle und moralische Wertvorstellungen der Gutachter_innen beeinflusst, was für die begutachteten Personen massive negative Folgen haben kann – z.B. wenn eine „wissenschaftlich fundierte“ Begut­achtung ergibt, Betroffene sexueller Gewalt hätten sich das Erlebte nur eingebildet.

In dem Beitrag möchten wir versuchen, die vermeintliche Objektivität der psychologi­schen Begutachtung zu hinterfragen, die gängigen Praxen kritisch aufzeigen und mit den Teilneh­mer_innen über mögliche Widerstandsformen und Alternativen diskutieren.

Unser Wunsch wäre außerdem die Vernetzung mit anderen Psycholog_innen und Jurist_innen, um perspektivisch feministische (Gegen-)Stimmen zur herrschenden Gutach­tenpraxis zu bündeln.

Die Veranstaltung kann ohne besondere Vorkenntnisse besucht werden.

Triggerwarnung: Es werden konkrete Erfahrungen von Betroffenen sexualisierter Gewalt im Justizsystem und bei der Suche nach Unterstützung beschrieben.