Vorträge mit Übersetzung in Deutscher Gebärdensprache im Sommersemester 2012

Wir freuen uns mitteilen zu können, dass dieses Semester vier Vorträge in der Ringvorlesung „Jenseits der Geschlechtergrenzenh“ in Deutsche Gebärdensprache übersetzt werden können. Leider sind unsere finanziellen Mittel begrenzt und wir können deshalb nicht alle Vorträge dolmetschen lassen. Wir setzen uns aber dafür ein, dass es in Zukunft mehr Vorträge sein werden. Folgende Vorträge werden gedolmetscht (ausführliche Beschreibung weiter unten):
Von-Melle-Park 5, 20146 Hamburg, Raum 0079, mittwochs 19.15 – 21 Uhr

18.04.2012
Roma und Sinti in Europa – zwischen Romantisierung und Ausgrenzung
Verena Spilker, M.A., freie Redakteurin und Amaro Drom e.V. Mitarbeiterin aus Berlin

25.04.2012
Täuschend echt?! Zum Gewicht der Illusion im Feld trans*inter*feindlicher Diskriminierung und Gewalt.
Ines Pohlkamp, Bremen, Referentin für queer-feministische Mädchenarbeit, intersektionale Bildung, Forschung zu heteronormativer Diskriminierung und Gewalt gegen Trans*Inter*Personen

16.05.2012
Theorie und Praxis – doch weit voneinander entfernt? Feministische Bewegung aus intersektionaler Perspektive am Beispiel der Slutwalks
Nadine Lantzsch, M.A. Gender & Diversity Kompetenz, feministische Aktivistin und freie Autorin, Berlin

27.06.2012
(Un-)wirklichkeiten von (A-)Sexualität
Dipl.-Soz. Judith Scheunemann, AG Queer Studies, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, Universität Kassel

Kurzbeschreibungen der Vorträge:

18.04.2012
Roma und Sinti in Europa – zwischen Romantisierung und Ausgrenzung
Verena Spilker, M.A., freie Redakteurin und Mitarbeiterin bei Amaro Drom e.V., Berlin

Roma, Sinti und andere als „Zigeuner“ diskriminierte Gruppen leben seit Jahrhunderten auf der ganzen Welt und trotzdem hat die Mehrheitsbevölkerung oft nichts als Vorurteile und stereotype Bilder im Kopf. In der Ukraine, wo ich zwei Jahre lang in unterschiedlichen Roma-Gemeinschaften gelebt habe, konnte ich das in jedem einzelnen Gespräch feststellen, das ich mit den Menschen der Mehrheitsbevölkerung dort führte. Und auch hier in Deutschland werde ich immer wieder mit den unterschiedlichsten Fragen konfrontiert: Wo kommen diese Vorurteile her? Wie ist die Situation für Roma und Sinti in Europa heute, und welche gesellschaftlich-historischen Entwicklungen haben dazu geführt? Welche Bezeichnungen sind politisch korrekt?Dies und warum das Problem bei der Mehrheitsbevölkerung und nirgendwo anders liegt, möchte ich gerne an ausgewählten Beispielen erläutern und anschließend diskutieren.

25.04.2012
Täuschend echt?! Zum Gewicht der Illusion im Feld trans*inter*feindlicher Diskriminierung und Gewalt.
Ines Pohlkamp, Bremen, Referentin für queer-feministische Mädchenarbeit, intersektionale Bildung, Forschung zu heteronormativer Diskriminierung und Gewalt gegen Trans*Inter*Personen

Transphobie hat viele Gesichter: Eine Seminarteilnehmerin berichtet von den Erfahrungen eines Freundes: „Der hat die schöne Frau geküsst. Und dann hatte die einen Penis!“ Alle anderen im Raum lachen. Einer ruft: „Aber man will doch wissen, mit wem man ins Bett geht.“ Im Vortrag „Täuschend echt?!“ fragt Ines Pohlkamp nach der Bedeutung von ‚Echtheit‘ und der ‚Falschheit‘ von Geschlecht im Feld der Diskriminierung und Gewalt. Die Referentin lädt zur Reflexion über diskursmächtige „täuschend echte“ Phänomene der Zweigeschlechtlichkeit ein und präsentiert Ergebnisse aus ihrer qualitativen Studie zur Trans*Inter*feindlichen Diskriminierung und Gewalt. Anhand von ausgewähltem Interviewmaterial mit geschlechtlich nonkonformen Personen wie Transgender, Crossdresser_innen oder intersexuellen Personen veranschaulicht sie die zentrale Stellung des Stereotyps der „Täuschung“ (Talia M. Bettcher). Mit Hilfe ihrer Ergebnisse hinterfragt sie das Phänomen geschlechtlicher Authentizität.

16.05.2012
Theorie und Praxis – doch weit voneinander entfernt? Feministische Bewegung aus intersektionaler Perspektive am Beispiel der Slutwalks
Nadine Lantzsch, Berlin, M.A. Gender & Diversity Kompetenz, feministische Aktivistin und freie Autorin

Die Kritik, die Frauen mit Behinderungen, Lesben, Schwarze Frauen, Migrant_innen, Trans* und einige andere Gruppen bereits vor Jahrzehnten an der feministischen Bewegung formulierten, ist nach wie vor aktuell. Auch die Slutwalks, die Demonstrationswelle gegen sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungsverharmlosung, sahen sich mit nahezu identischen Anwürfen konfrontiert. Obwohl die Organisator_innen die intersektionalen Verschränkungen sozialer Positionen in ihrer Arbeit versuchten zu berücksichtigen – sei es im Selbstverständnis, in der Organisation der Demo selbst oder in der Nachbereitung. Nach wie vor kommt es innerhalb feministischer Gruppen und Bewegungen zu Ausschlüssen, Aneignungen und Übergriffen jeglicher Art, ungeachtet der Tatsache, dass Feminist_innen heute auf das Wissen ihrer Vorgänger_innen zurückgreifen (können).
Der Vortrag will der Frage nachgehen, inwiefern feministische Theorie und Praxis im Widerspruch stehen, welche Grenzen, Schwierigkeiten und Paradoxien feministischen Handlungs- und Widerstandsweisen zu Grunde liegt und warum Intersektionalität oft nur Theorie ist.

27.06.2012
(Un-)wirklichkeiten von (A-)Sexualität
Dipl.-Soz. Judith Scheunemann, AG Queer Studies, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, Universität Kassel

Seit ich mich im Jahr 2008/2009 im Rahmen meiner Diplomarbeit mit dem Phänomen der Asexualität beschäftigt habe, ist mir – genau wie ich es aus Berichterstattungen von Personen kenne, die sich als asexuell bezeichnen – eine Frage immer wieder begegnet: „Gibt es Asexualität wirklich?“ Dahinter steht die Annahme, Sexualität sei etwas natürliches, jeder Mensch sei von Geburt an sexuell. Abweichungen von dieser Norm, so die Annahme, könnten nur pathologisch oder nicht wirklich existent sein.
Um ein Verständnis menschlicher Sexualität zu bekommen, sind Freuds Werke noch immer eine der prominentesten Quellen. Dieser Spur möchte auch ich nachgehen, mit der Frage: Wie lässt sich Freud auf den heutigen Begriff der Asexualität anwenden und wie stellt er diese dar? Nach dieser historisch- psychoanalytischen Perspektive wende ich mich stärker soziologisch-konstruktivistischen Theorien zur (A-)Sexualität zu. Dies geschieht mit der Fragestellung, ob und inwiefern ein Unterschied zur vorherigen Perspektive besteht und ob neuere Theorien helfen, das Phänomen Asexualität genauer zu erfassen.
Da ich davon ausgehe, dass es für ein breiteres Verständnis eines Phänomens sinnvoll ist, nicht nur die Theorie einzubeziehen, möchte ich auch die Empirie betrachten. Daher werde ich Beispiele aus der Empirie mit folgender Frage untersuchen: Wie definieren sich asexuelle Personen selbst? Hierfür beziehe ich mich auf meine inhaltsanalytische Auswertung der Internetseite AVEN (Asexual Visibility and Education Network), einer Internetseite von asexuellen Personen, die im Jahr 2004 in Deutschland entstand. Der Bogen zur anfänglich angesprochenen Problematik der Fremdwahrnehmung von Asexualität schließt sich schlussendlich, indem ich mir zuletzt genauer anschaue, wie Medien (besonders Zeitungen) das öffentlich präsenter werdende Thema verhandeln.