Zum Einführungsvortrag von letzter Woche ist jetzt das Material online, wir danken allen für ihr Interesse. Beachtet auch unsere Onlinetextsammlung und unseren Podcast
Schlagwort: widerstand
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Veranstaltungshinweis: Vorlesungsreihe „Behinderung ohne Behinderte!?“
Zentrum für Disability Studies (ZeDiS)
Ringvorlesung „Behinderung ohne Behinderte!? Perspektiven der Disability Studies“
Montags, ab 17.10.2011 16:30 Edmund-Siemers-Allee 1 Ost („ESA, rechter Flügelbau“) 221Unsere Partner Initiative ZeDiS veranstaltet auch kommendes Semester ihre Vorlesungsreihe, welche wir wärmstens empfehlen und zahlreich selbst besuchen, so Do. Gerbig am 14.11. gar als vortragende.
Das Programm findet Ihr hier
Aus der Beschreibung:
Disability Studies (DS) sind ein interdisziplinärer wissenschaftlicher Ansatz, der aus der politischen Behindertenbewegung im angelsächsischen Sprachraum hervorgegangen ist. Richtungweisend für DS ist das so genannte soziale Modell von Behinderung, das davon ausgeht, dass Behinderung ausschließlich gesellschaftlich verursacht wird und dass in allen menschlichen Lebensbereichen behindernde Barrieren auftreten, die von Behinderung betroffenen Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben erschweren.
Darüber hinaus ist für DS die Sichtweise selbstbetroffener Menschen maßgeblich. Die allen Studierenden wie Interessierten offen stehende Ringvorlesung bietet einen Zugang zu unterschiedlichen Themen, die für DS bedeutsam sind.Die Ringvorlesung steht allen Interessierten in- und außerhalb der Universität Hamburg offen. Die Räumlichkeiten sind für Rollstuhlfahrer/innen zugänglich und alle Vorträge werden von Schriftmittler/innen gedolmetscht. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig.
Jeder Vortrag der Ringvorlesung ist eine in sich geschlossene Einheit, d.h. es ist möglich und zulässig, nur einzelne Vorträge zu besuchen. Für Studierende, die Leistungspunkte erwerben möchten, besteht Anwesenheitspflicht.
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Vortragseinladung 2011-07-13: Kritik an Queer
Tove Soiland
Warum sich gesellschaftliche Verhältnisse nicht dekonstruieren lassen: Eine an Marx und Foucault orientierte Kritik an queer.
Mittwoch 13.07.2011, 19:15, Von Melle Park 5 („Wiwi Bunker“) 0079Zum Ende des Semesters – daß wir die vorgetragene Kritik gleich durch Auflösung der AG umsetzen könnten – präsentieren wir Tove Soiland aus Zürich. Sie ist feministische Theoretikerin und erfüllt Lehraufträge an diversen Universitäten. Sie stellt uns ihre Kritik an „queeren“ und dekonstruktivistischen Ansätzen vor. Wir können uns also vorwefen lassen, scheißliberal zu sein
Die Referentin zu ihrem Vortrag:
Geschlechterverhältnisse lassen sich ebenso wenig dekonstruieren wie Produktionsverhältnisse. Mit dieser These tritt der Vortrag einer allzu simplen Vorstellung von der politischen Veränderbarkeit gesellschaftlicher Verhältnisse entgegen, wie sie sich im Umfeld der US-amerikanischen Cultural Studies entwickelt hat, in deren Tradition auch die Queer-Theorie steht. In einem lediglich vermeintlichen Rekurs auf den französischen Poststrukturalismus erscheinen gesellschaftliche Verhältnisse hier als primär durch Bedeutung konstituiert und darum auch auf der Ebene der Bedeutung verschiebbar. Produktionsverhältnisse und die dazugehörigen Subjektivierungsweisen, so wird der Vortrag argumentieren, lassen sich aber als Bedeutungsfestschreibungen nicht nur nicht beschreiben. Im Rahmen dieser kulturalistischen Umdeutung des historischen Materialismus kann auch nicht mehr verstanden werden, dass das – aus dieser Perspektive subversiv erscheinende – Instabilwerden von Identitäten zu den veränderten Produktionsbedingungen des spätkapitalistischen Akkumulationsregimes gehört. Dieser „kultureller Materialismus“ wird deshalb weder Marx Kritik der politischen Ökonomie noch Foucaults Spätwerk, das als Adaption des Marxismus für spätkapitalistische Gesellschaften gelesen werden kann, gerecht, sondern vergibt vielmehr deren gesellschaftskritisches Potential.
Sollte jemand zustimmend stattdessen lieber eine nicht-queere marxistische Veranstaltung besuchen wollen oder sich aus Harmoniebedürfnis nach einer Alternative umsehen, empfehlen wir den Vortrag von Wolfgang Maiers.
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Vortragseinladung 22.6.2011: Post-anarchistische und queere Allianzen
Dr. Lena Eckert
Affinität statt Identität. Post-anarchistische und queere Allianzen – eine Utopie?
Mittwoch 22.06.2011, 19:15, Von Melle Park 5 („Wiwi Bunker“) 0079Lena Eckert ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Geschichte und Theorie der Kulturtechniken, Bauhaus-Universität Weimar. Sie referiert zu folgendem:
Affinität bezeichnet in der Chemie die Triebkraft einer chemischen Reaktion; es ist das Bestreben von Atomen eine Bindung einzugehen. Je höher die Affinität, desto größer die Assoziationskonstante. Übersetzt: die Anziehung zwischen zwei Dingen, die nicht notwendiger Weise die gleichen Charakteristika besitzen, kann zu Bindungsaffinitäten führen. Mein Vortrag beschäftigt sich mit der Frage, wie dieses Bild in queeren und post-anarchistischen Denkbewegungen funktionieren könnte. Schon für Gustav Landauer ist ein „sozialer Anarchismus“ eine Vereinigung von Einzelnen die sich in kleinen Zusammenschlüssen frei assoziierend zusammenfügen. In der Queeren Theorie basieren politische Zusammenschlüsse nicht auf einer homogenen Identität, sondern auf dem gemeinsamen Widerstand gegen gesellschaftliche Machtkonstellationen. Sexualität und Politik beinhalten immer die Möglichkeit von Veränderung, Bewegung, Neudefinition und subversiver Performanz. Sowohl queere als auch post-anarchistische Theorien bieten eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten füreinander. In diesem Vortrag frage ich danach, wie queer-anarchistische Ansätze formuliert werden können, um unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in politischen und theoretischen Bewegungen zusammen denken zu können – Bindungsaffinitäten zu formen. Mein Vortrag arbeitet theoretische und politische Gemeinsamkeiten heraus und argumentiert für temporäre und situationsgebundene Allianzen zwischen queeren und post-anarchistischen Denkbewegungen.
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Vortragseinladung 18.05.2011: Kritik der Psychopathologisierung von Homo-, Trans- und Intersexualität
Lüder Tietz, M.A.
Kritik der Psychopathologisierung von Homo-, Trans- und Intersexualität
Mittwoch 18.05.2011, 19:15, Von Melle Park 5 („Wiwi Bunker“) 0079Gleichwohl es in Geek & Nerdkreisen bekannt „Updating is like russian roulette – with 6 bulletts“ (siehe), kommen Verteilermails ab jetzt von einer neuen Adresse. Sollte diese Ankündigung also über eMail überraschend ausgeblieben sein, wendet Euch einfach an die alte.
Zu unserem Vortrag von Lüder Tietz, Ethnologe mit Schwerpunkt Kulturwissenschaftliche Sexualitätenforschung, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kulturwissenschaftlichen Institut der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Dozent an der Akademie Waldschlösschen bei Göttingen
Viele geschlechtliche und sexuelle Praxen, die nicht der Heteronormativität entsprechen, werden weiterhin in den gängigen Diagnoserastern der Psychiatrie und Klinischen Psychologie (Internationale Klassifikation von Krankheiten: ICD-10 und Diagnostisches und Statistisches Manual: DSM-IV) pathologisiert. Die beschriebenen „Krankheitsbilder“ werden kritisiert und auf ihre historische Entstehung hin befragt. Dabei setze ich drei Schwerpunkte:
- Das Konzept ‘weibliche Seele im männlichen Körper’, die Debatte zwischen Vorläufern der Emanzipations-Bewegung und der Sexualpsychiatrie und die Genese der Konzepte Homo- und Transsexualität;
- Der zähe Kampf mit der Psychoanalyse und den christlichen ‘Homo-Heilern’ um die Entpathologisierung der Homosexualität;
- Der Einsatz der Diagnose „Störung der Geschlechtsidentität des Kindesalters“ als versuchte Prävention von Homo- und Bisexualität sowie Transgender. Dabei soll das komplexe Wechselspiel zwischen hegemonialen
Subjektivierungsbestrebungen und subalternen Entsubjektivierungsversuchen genauer beleuchtet werden.
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Das kleine Einmaleins gängiger Abwehrmechanismen: Lippenbekenntnisse, Definitionsmacht und die überempfindlichen Anderen
Der Image-Film „Inside AStA“ des AStA der UHH wurde vor, während und nach der Erstvorführung am 3.2.2011 im Abaton – welches übrigens durch seine Geschäftsführung entgegen des sonst gepflegten Images von hohem künstlerischem und politischem Anspruch alle Diskussionen vor der Vorführung abblockte – aufgrund der darin enthaltenen Rassismen und Sexismen von vielen Seiten massiv kritisiert (Linksammlungen zum Kontext findet ihr bei den Afrikawissenschaften, auf den stupanews und bei uns). Nun hat der AStA vor einer Woche die Stellungnahme „Zum Thema Rassismus“ veröffentlicht, die auch wir nicht unkommentiert stehen lassen können und wollen.
Die Stellungnahme des AStA beginnt mit den üblichen inhaltsleeren Worthülsen, wie sie gerne auch von Politiker_innen oder Firmenvorständen in die Welt gesetzt werden, um von eigenen Schwächen abzulenken bzw. ein angeschlagenes Image wortgewaltig herum zu reißen: Es müsse „aktiv gegen Rassismus eingetreten werden“, die „wichtige Diskussion um Rassismus ist eine für eine gerechte Gesellschaft zwangsläufige“. Wenn der AStA dies so sieht, fragen wir uns allerdings, warum er sich der Debatte nicht stellt. Die Diskussion im Rahmen der Filmpremiere wurde nach ca. zwanzig Minuten abgebrochen, an der anschließenden Diskussion in anderen Räumlichkeiten nahm der AStA nicht teil. Das Black Students Network hat in der gleichen Woche als die Stellungnahme erschien, einen Brief an Monty Arnold geschrieben, mit der Bitte an einer Diskussion über den Film teilzunehmen. Dieser wurde am 15.2. auf dem Blog des BSN veröffentlicht. Darauf kam bisher keine Antwort und auch von Seiten des AStA kam kein Gesprächsangebot an die Kritiker_innen.
Um aber tatsächlich einen „zensurfreien Diskurs“ zum Film und seine rassistischen und sexistischen stereotypen Bilder führen zu können, wäre zumindest eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kritik nötig! Das Statements hinterlässt bei uns das dumpfe Gefühl, eine kaum begründete Zurückweisung der Kritiken entlang der gängigen Abwehrmechanismen gelesen zu haben.
Der AStA definiert darin Rassismus als „das gleichzeitige Wirken von Vorurteilen und einem ungleichen Machtverhältnis“. Wie es vor diesem Hintergrund möglich ist, den Image-Film als nicht rassistisch zu bezeichnen, ist uns schleierhaft: Wir finden im Film einerseits eine Vielzahl von stereotypen Vorurteilen („Urgewalt“, „Folklore“), andererseits die angesprochenen „ungleichen Machtverhältnisse“, ausgedrückt in der unterlegenen Position der Schwarzen Putzfrauen und die überlegene Position der intellektuellen Weißen, die höheren Arbeiten nachgehen. Der Film bestätigt so genau die aktuell herrschenden ungleichen Machtverhältnisse. Welche Personen haben Spitzenpositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik inne? Und wer verrichtet in unserer Gesellschaft die ungeliebten Arbeiten, die als „nieder“ gelten?
Laut AStA-Stellungnahme seien besagte Szenen aber keinesfalls rassistisch, sondern stünden in der Tradition des Kabarett. Stur zu behaupten, etwas sei Kabarett bedeutet aber nicht automatisch das Erfüllen der dafür nötigen Kriterien. Auch der Verweis auf nebulöse, nicht näher erläuterte „filmtheoretische Betrachtung“ (etwa durch Timo Hempel selbst?) hilft da nicht wirklich weiter und wirkt eher wie ein Versuch der Einschüchterung oder Beeindruckung der Lesenden durch das Vorgaukeln eines wissenschaftlichen Anspruchs. Nicht jede überspitzte Darstellung dekonstruiert automatisch Stereotype und dass erst erklärt werden muss, wo in ihrem Film damit gebrochen wird, erschwert die Interpretation als Satire erheblich. (Nach der Argumentation des AStA wäre wohl auch Astra-Werbung antisexistisch und die BILD-Zeitung das emanzipatorischste Medium weit und breit.)In früheren Äußerungen hat der AStA versucht, sich darauf heraus zu reden, dass der Film voller Insider-Witze sei. Dies beschränkt den Kreis derer, die sich die satirische Komponente des Films erschließen können, natürlich erheblich. Es läuft also letztlich darauf hinaus, dass der AStA sich mit diesem Film über Dinge lustig macht, über die nur die Verantwortlichen selbst lachen können.
Wie wenig der AStA tatsächlich bereit ist, sich mit Kritik auseinanderzusetzen, demonstriert er in der Stellungnahme durch wiederholte Versuche, mit Gewalt die Definitionsmacht an sich zu reißen: Weil der AStA durch seine Einsichten in filmtheoretische Betrachtung sich selbst bestätigt, dass der Film „klar erkenntlich“ auf das „differenzierte Gegenteil“ von Stereotypen abziele, sei er erwiesenermaßen Kabarett. Und weil der AStA selbst den Film als „nicht rassistisch“ einordnet, sei er das dann auch nicht! Solche Sätze verweisen nicht nur auf völlige Kritikunfähigkeit, vielmehr: dieser selbst-referenzielle Zirkelschluss enthält keinerlei Argumentation und erfüllt nicht einmal die minimalen Anforderungen an eine Auseinandersetzung auf gleicher Augenhöhe.
Getreu der beliebten Argumentationsfigur „Es ist nicht rassistisch, weil ich kein/e Rassist/in bin und das so bestimme“ weist der AStA auch auf seine angeblichen anti-rassistischen und anti-diskriminierenden Errungenschaften hin – ganz abgesehen davon, dass niemand vor verinnerlichten Rassismen gefeit ist, egal wie lange und intensiv mensch sich mit Rassismus beschäftigt hat. Wenn er sich aber im Rahmen seines hier selbst gelobten Einsatzes gegen Diskriminierung mit der Wiederwahl des „AusländerInnenReferats“ und der Einführung der „Männertage“ brüsten will, müssen wir an dieser Stelle das erste Mal bitter auflachen.
Genau diese AStA Koalition hat die gewählten Referent_innen des „Aref“ zwei Jahre lang nicht bestätigt und dann durch Verfahrensfragen und Formalia gegen den Willen der Betroffenen dort eine neue Struktur etabliert. Jetzt zu schreiben, dass „auf [ihr] Hinwirken in [ihrer] Legislatur wieder eine rechtmäßige und erfolgreiche Wahl des „AusländerInnenreferates“ durchgeführt“ wurde, ist absurd und anmaßend.
Programm und Ausrichtung besagter „Männertage“ hatten mit Fußball gucken, Gerätetraining in der Kaifu-Lodge, Kochkurs und dem Vortrag eines nicht unproblematischen Scheidungsväter-Vereins wohl nur weiße heterosexuelle Männer im Fokus. Unseres Erachtens reihen sie sich damit eher in einen bestimmten Jammer-Diskurs ein. Demnach sei der Feminismus und die ganze Frauenförderung daran schuld, dass heute Jungs und Männer ins Hintertreffen geraten seien. Natürlich können auch sie Diskriminierung erfahren, allerdings meist dann, wenn sie sich nicht wie „richtige“ Männer verhalten (wollen).
Sexismus ist schlecht für Alle, seine Stereotype schränken auch die Möglichkeiten von Männern ein. Aber die Antidiskriminierungsstrategien des AStA kommen gut ohne Kritik an hegemonialer Männlichkeit und den Privilegien von weißen heterosexuellen Männern aus. Besonders brisant ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass wir auch genau dieser AStA-Koalition die Abschaffung des FrauenLesben-Rats zu verdanken haben. Damit wurde der gesellschaftliche Backlash gegen den Feminismus ganz aktiv unterstützt und die nach wie vor schlechtere Stellung von Frauen in unserer Gesellschaft spielt für die politische Arbeit dieses AStA anscheinend kaum eine Rolle.Schließlich verfällt der AStA in die Opferhaltung: Es wird der Wunsch nach einem „offenen Dialog ohne vorverurteilende Anschuldigungen“ geäußert, von „Unklarheiten“ gesprochen, außerdem könne in der „Lebensrealität des Bezeichneten Rassismus stattfinden, ohne dass die [andere] […] Person […] ein Rassist sein muss.“ Die Kritiker_innen sind also zu empfindlich, sehen Rassismus, wo keiner ist, verstehen den Witz nicht – auch dies ist eine beliebte Taktik, sich nicht mit Kritik auseinandersetzen zu müssen. Jetzt fehlt nur noch der Tipp an die Kritiker_innen, sich mal ein bisschen locker zu machen.
Die Bemühungen, sich der lästigen Stimmen zu entledigen, gipfeln in der Pseudoentschuldigung des AStA, er bitte „alle Menschen, bei denen dieser Film für Missverständnisse gesorgt hat, um Entschuldigung“. Dies ist keine Entschuldigung, sondern eine Unverschämtheit! Ein Missverständnis seitens der Kritiker_innen zu konstruieren, ist Selbstüberschätzung, unbegründetes Überlegenheitsgebaren und ein billiger Weg, sich der Verantwortung zu entziehen!
Unser Fazit:
Diese Stellungnahme des AStA UHH und ihr verzweifeltes Bemühen sich selbst als wackere Bekämpfer_innen von Diskriminierung darzustellen, ist ein Schlag ins Gesicht für alle Gruppen, die jeden Tag gegen strukturelle, gewaltförmige und alltägliche Diskriminierung kämpfen.Weitere Reaktionen auf die Stellungnahme findet ihr u.a.
- bei den Bundesjusos(!),
- auf CampusGrün,
- beim Regenbogen
- und bei den GEW Studis
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Der AStA und die Ignoranz gegenüber eigenen Rassismen in einem misslungenen „Image-Film“
Dass es heute nicht mehr en vogue ist, politisch korrekt zu sein – bedauerlich genug – ist eine Sache. Dass es aber möglich ist, aus einem Unigremium heraus die plattesten rassistischen, (hetero-)sexistischen und klassistischen Stereotype in einem Image-Film zu verbraten, ist schlichtweg ein ungeheuerlicher Skandal.
Der Film „Inside AStA“ und die Positionen, die AStA Vertreter_innen dazu einnehmen, treibt die traurige Realität des gesellschaftlichen Alltagsrassismus auf die Spitze.Der Inhalt dieses Films ist nichts als Diffamierung. Es geht los mit den „farbenprächtig gewandeten afrikanischen Reinigungskräften“, die „gospelnd ihrer Arbeit“ nachgehen und als urgewaltige Furien repräsentiert werden. Allein darin stecken sowohl im (Ankündigungs-)Text als auch in den entsprechenden Bildern des Films jede Menge diskriminierende Repräsentation. Das erschließt sich aber leider den Verantwortlichen nicht, auch wenn die Kritik schon vor der Premiere am 3. Februar pointiert ausformuliert wurde (siehe dazu auch der braune mob gew-studis wochenendseminar hwp-netz indymedia).
Sie scheinen nichts über die Kolonialgeschichte der Hamburger Universität zu wissen, wenn sie diese Szene in den „prächtigen Kuppelsaal des historischen Hauptgebäudes“ legen und vorher den Hafen einblenden. Sie schrecken auch nicht davor zurück, dass sie damit Bilder von singenden Sklav_innen auf Baumwollfeldern heraufbeschwören, was sicher nicht als lustig durchgehen kann. Bedauernswert einerseits, wenn nicht voraus gesetzt werden kann, dass sich Studierende (die sich gerne als Bildungselite bezeichnen lassen) mit der Kolonialgeschichte Hamburgs auseinander gesetzt haben; sich dann aber mit der Kritik konfrontiert auch noch als äußerst beratungsresistent auszuzeichnen, ist das Andere.Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, wird im Film als nächstes die privilegierte Stellung der (anscheinend ausschließlich weißen) AStA Mitarbeiter_innen wirkungsvoll in Szene gesetzt, welche ihrer politisch-intellektuellen Arbeit des Flyer-Verteilens nachgehen wollen. Sie werden von den schwarzen Putzkräften (die laut der ursprünglich veröffentlichten und später geänderten Version des Ankündigungstextes selbstverständlich Afrikanerinnen sein müssen) mit Gewalt daran gehindert, was naturalisierende Bilder weckt. Der Kommentar des Sprechers, die AStA Vertreter_innen stellten „sich der Urgewalt von Werktätigkeit und Folklore entgegen“ (O-Ton aus dem Film), macht die Fronten schnell klar: Auf der einen Seite die nur als körperliche Arbeitskraft brauchbare, nur zum Teil zähmbare Wildheit, die versucht, die gebildeten Weißen auf der anderen Seite an ihrer wichtigen intellektuellen Tätigkeit zu hindern. Wünschenswert wäre es, wenn sich der AStA damit auseinandersetzt, dass die Putzkräfte an der Uni für einen Hungerlohn verdammt harte Arbeit leisten müssen. Stattdessen werden aber die rassistischen Strukturen, die auch das Studieren und Arbeiten an der Universität Hamburg prägen, vom AStA „liebevoll“ stilisiert.
Nach dieser skandalösen Einstiegsszene jagt ein Stereotyp das andere: Die ewig gestrigen Linken (natürlich männlich, langhaarig, bärtig und mit schlechter Artikulation), die immer noch gegen Brokdorf sind, das knutschende Pärchen in der Materialkammer, das natürlich hetero sein muss oder der Wohnungslose, der an der Uni in Mülleimern wühlt. Auch hier wird wieder „liebevoll“ stilisiert, was der schönen heilen Uniwelt täglich den Spiegel gesellschaftlicher Realität vorhält und eigentlich Anlass für Reflektion und Solidarität geben sollte. In diesem „Image-Film“ bleibt jedoch alles auf seinem gesellschaftlich zugewiesenen Platz (entlang von Hautfarbe, Geschlecht und Klasse), wird weiter aufrecht erhalten und fortgeschrieben. Doch bereits eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihren Kritiker_innen scheint zu hoch für die AStA Leute und wird abgeblockt.
Uns stellt sich die Frage, was dieser Film eigentlich soll. Satire kann er nicht sein – auch wenn der Macher Timo Hempel es gerne so sehen würde. Allein es fehlt ihm die dafür nötige geistige Durchdringung der Sachverhalte – das hat er schon durch die platten, bruchlosen Reproduktionen von Stereotypen bewiesen. Seine Rechtfertigung, der Film sei voller Insider-Witze, wirft bei uns weiterhin die Frage auf, ob zur Verbreitung von unverständlichen Witzen auf dem Niveau von Mario Barth tausende Euros der Studierenden ausgegeben werden müssen. Denn auch die Referent_innen des AStA selbst werden in dem Film diffamiert und als inkompetent dargestellt, weil sie keinerlei nützliche Hilfestellung geben können. Verknüpft wird das Ganze dann recht zusammenhangslos mit der Botschaft: „AStA, der kriegt alles für Sie auf die Reihe“, was offensichtlich hinkt. Was der AStA mit seinem Image-Film aber unseres Erachtens tatsächlich hingekriegt hat ist, einen tiefen Einblick zu liefern, wie es politisch um ihn bestellt ist: nämlich extrem finster.
Die AG Queer Studies war mit einigen Leuten vor Ort und erklärt hiermit ihre Solidarität mit dem Black Students Network und allen anderen Gruppen oder Einzelpersonen, die auch gegen diesen Film und dabei waren, um gegen Rassismus aufzustehen und sich zu Recht lauthals zu empören. Gerne geben wir an dieser Stelle folgenden Aufruf weiter, welcher uns durch die GEW-Studis erreichte:
Am kommenden Montag (07.02.) um 18:00 Uhr findet im Subkultur Paranoia (VMP8, K57) ein Treffen in Sachen AStA-Image-Film und Konsequenzen daraus statt, zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind.
Wir fordern die sofortige Entlassung von Timo Hempel als den so genannten „Sonderbeauftragten für Kultur“.
Außerdem fordern wir den AStA auf, sich über alle Kanäle für seine rassistischen und sexistischen Machenschaften zu entschuldigen. Die Idee, diesen Film bei Orientierungseinheiten allen Erstsemester_innen zu zeigen, um den AStA bekannt und beliebt zu machen, ist nicht nur absurd, sondern auch menschenverachtend.
Last but not least, muss die Summe der studentischen Gelder, die auf dieses Schmierentheater verwendet wurde, offen gelegt und am besten von den Verantwortlichen zurück gefordert werden, um für sinnvolle Projekte gegen Rassismus und für mehr politische Bildung (vor allem auch für die Verantwortlichen im AStA selbst) eingesetzt werden zu können.In tiefer Erschütterung und mit einer gehörigen Portion Wut,
Die AG Queer Studiesweitere Nachbereitungen der Ereignisse:
- BSN wehrt sich gegen rassistischen Film „Inside AStA“
- Wochendseminar: Protest im Abaton Kino
- Indymedia: UniAStA zeigt umstrittenen Imagefilm
- StuPa-News: Studierende erschreckt von Rassismen und Sexismen im AStA-Film
- StuPa-News: „Inside Abaton“ – Kleine Anatomie eines unvergesslichen Abends
- HWP-Netz: Studierende erschreckt von Rassismen und Sexismen im AStA-Film
- dielinke.sds: Teuer, rassistisch und schlecht – der AStA-Imagefilm
- Juso-Bundesverband: Rassismus “Inside AStA”
Nachtrag:
Der AStA hat anscheinend dafür gesorgt, dass das Video bei YouTube rausgenommen wird. Folgende Nachricht dazu hat uns eben erreicht:Es gibt Neuigkeiten: YouTube hat aus „Urheberrechtlichen Gründen“ das Video von der Filmpremiere herausgenommen. Man kann sich die Videos (zur Zeit) nicht mehr angucken!!
Hahahah da versucht wohl der Asta durch Zensur bzw. durch formal-rechtliche Schritte die eigene rassistische Moppelkotze zu vertuschen….! Echt Peinlich!!!! (Bitte verbreitet diese „frohe Botschaft“)
Es wird bestimmt Leute geben die die Videos bald wieder online stellen werden…..!ANTIRASSISMUS LÄSST SICH NICHT ZENSIERN!!!
Außerdem scheint der AStA zu denken, dass sich der Protest schon wieder gelegt hat. Dem ist aber nicht so!
Wir hatten heute ein sehr produktives Treffen und halten euch über baldige Aktionen auf dem Laufenden. Wer noch dazu kommen möchte, kann gerne nächsten Montag (14.02.) wieder um 18 Uhr im Subkultur Paranoia (VMP8, K57) dabei sein. -
Veranstaltungstip: Kaindl zur Subjektwissenschaft
Unsere PartnerInitiative Menschenbilder in der Psychologie präsentiert im zweiten Versuch Christina Kaindl:
Wie versprochen lädt das Menschenbilder-Seminar und der Fachschaftsrat Psychologie der Uni Hamburg euch noch einmal zu unserer „Unikaten Vorlesung“ in diesem Semester ein.
Wir freuen uns sehr, euch den Nachholtermin des wegen Krankheits
ausgefallenen Vortrags von Christina Kaindl aus Berlin
zur Subjektwissenschaftlichen Forschung der Kritischen Psychologie
mitteilen zu können.Stattfinden wird das Ganze am Dienstag, den 01.02.2011 um 18:15 Uhr in Raum W 120, Edmund-Siemers-Allee 1 (ESA Westflügel), Universität Hamburg.
Wir freuen uns auf euer zahlreiches Erscheinen und einen spannenden
Vortrag und eine angeregte Diskussion. -
Veranstaltungstip: Christina Kaindl 07.12.2010
Fällt kankheitsbedingt aus!
Christina Kaindl
Subjektwissenschaftliche Forschung – Vortrag mit Diskussion
Dienstag, 07.12.2010, 18:15-20:00, Von Melle Park 5 („WiWi-Bunker“), Hörsaal B2
Flyer-DownloadDas Menschenbilder Seminar und der Fachschaftsrat Psychologie der Universität Hamburg laden am 07.12.2010 um 18:15 zu einem Vortrag mit anschliessender Diskussion im Rahmen der „Unikaten Vorlesungsreihe“ ein. Christina Kaindl wird zum Thema „Kritische Psychologie als Subjektwissenschaft“ referieren. Die subjektwissenschaftliche Herangehensweise der Kritischen Psychologie dient PsychologInnen als Handwerkszeug an der Schnittstelle zwischen Forschung und Berufspraxis. Dieser Ansatz, der nicht mehr allgemeine sondern sehr spezielle Aussagen für konkrete Menschen in konkreten Situationen wissenschaftlich herausstellt, ist bedeutungsvoll für verschiedene psychologische und auch (sozial-)pädagogische Arbeitsfelder.
Christina Kaindl ist Diplom-Psychologin, Verterterin der Kritischen Psychologie und promoviert in Politikwissenschaften an der FU Berlin zum Zusammenhang von Neoliberalismus und Rechtsextremismus. Sie ist Mitglied der Redaktion der Zeitschriften „Das Argument“ und „Forum Kritische Psychologie“, leitende Redakteurin der Zeitschrift „Luxemburg. Gesellschaftsanalyse und linke Praxis“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Lehrbeauftragte an der FH Stendal. -
Vortragseinladung 17.11.2010: Transsexualität aus der rechtlichen Perspektive
Deborah Reinert
Transsexualität aus der rechtlichen Perspektive
Mittwoch, 17.11.2010, 19ct, Von Melle Park 5 („Wiwi Bunker“) 0079Viele verbinden „Queer“ intuitiv mit Transsexualität; gleichwohl wir keine Deutungshoheit beanspruchen können oder wollen, handelt es sich um ein Thematik – und eine damit verbundene politische Auseinandersetzung -, die uns am Herzen liegt. Von daher freuen wir uns auf den Vortrag von Deborah Reinert, die uns als Rechtsanwältin und Gründungsmitglied des Instituts zur Förderung der geschlechtlichen Vielfalt in Köln uns etwas über die rechtliche Perspektive vortragen wird
Die Referierende zu ihrem Vortrag
Transsexualität ist zuallererst eine Selbstdiagnose. Wenn sich die Betroffenen sich mit ihrer Situation auseinandergesetzt und für einen entsprechenden Weg entschieden haben, werden sie in der Regel mit einer Fülle von psychologischen, sozialen, ökonomischen und vor allem medizinischen und juristischen Fragen konfrontiert, auf die sie eine ganz persönliche Antwort finden müssen. Mein Vortrag behandelt die in diesem Zusammenhang bedeutsamen juristischen Gesichtspunkte und beschränkt sich hierbei im Wesentlichen auf das Transsexuellengesetz (TSG), das alle grundlegenden juristischen Regelungen enthält. Eingegangen wird darauf, was im TSG geregelt wird, und wie die Betroffenen die derzeitigen Regelungsinhalte sehen. Kritisch betrachtet wird ferner die Verzahnung des medizinischen mit dem juristischen Verfahrens und es wird aufgezeigt, wo die Grenzen des TSG liegen. Unter Einbeziehung der jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wird die Frage diskutiert, ob das TSG noch den aktuellen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt und wie eine Reform aussehen könnte.