Der AStA und die Ignoranz gegenüber eigenen Rassismen in einem misslungenen „Image-Film“

Dass es heute nicht mehr en vogue ist, politisch korrekt zu sein – bedauerlich genug – ist eine Sache. Dass es aber möglich ist, aus einem Unigremium heraus die plattesten rassistischen, (hetero-)sexistischen und klassistischen Stereotype in einem Image-Film zu verbraten, ist schlichtweg ein ungeheuerlicher Skandal.
Der Film „Inside AStA“ und die Positionen, die AStA Vertreter_innen dazu einnehmen, treibt die traurige Realität des gesellschaftlichen Alltagsrassismus auf die Spitze.

Der Inhalt dieses Films ist nichts als Diffamierung. Es geht los mit den „farbenprächtig gewandeten afrikanischen Reinigungskräften“, die „gospelnd ihrer Arbeit“ nachgehen und als urgewaltige Furien repräsentiert werden. Allein darin stecken sowohl im (Ankündigungs-)Text als auch in den entsprechenden Bildern des Films jede Menge diskriminierende Repräsentation. Das erschließt sich aber leider den Verantwortlichen nicht, auch wenn die Kritik schon vor der Premiere am 3. Februar pointiert ausformuliert wurde (siehe dazu auch der braune mob gew-studis wochenendseminar hwp-netz indymedia).
Sie scheinen nichts über die Kolonialgeschichte der Hamburger Universität zu wissen, wenn sie diese Szene in den „prächtigen Kuppelsaal des historischen Hauptgebäudes“ legen und vorher den Hafen einblenden. Sie schrecken auch nicht davor zurück, dass sie damit Bilder von singenden Sklav_innen auf Baumwollfeldern heraufbeschwören, was sicher nicht als lustig durchgehen kann. Bedauernswert einerseits, wenn nicht voraus gesetzt werden kann, dass sich Studierende (die sich gerne als Bildungselite bezeichnen lassen) mit der Kolonialgeschichte Hamburgs auseinander gesetzt haben; sich dann aber mit der Kritik konfrontiert auch noch als äußerst beratungsresistent auszuzeichnen, ist das Andere.

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, wird im Film als nächstes die privilegierte Stellung der (anscheinend ausschließlich weißen) AStA Mitarbeiter_innen wirkungsvoll in Szene gesetzt, welche ihrer politisch-intellektuellen Arbeit des Flyer-Verteilens nachgehen wollen. Sie werden von den schwarzen Putzkräften (die laut der ursprünglich veröffentlichten und später geänderten Version des Ankündigungstextes selbstverständlich Afrikanerinnen sein müssen) mit Gewalt daran gehindert, was naturalisierende Bilder weckt. Der Kommentar des Sprechers, die AStA Vertreter_innen stellten „sich der Urgewalt von Werktätigkeit und Folklore entgegen“ (O-Ton aus dem Film), macht die Fronten schnell klar: Auf der einen Seite die nur als körperliche Arbeitskraft brauchbare, nur zum Teil zähmbare Wildheit, die versucht, die gebildeten Weißen auf der anderen Seite an ihrer wichtigen intellektuellen Tätigkeit zu hindern. Wünschenswert wäre es, wenn sich der AStA damit auseinandersetzt, dass die Putzkräfte an der Uni für einen Hungerlohn verdammt harte Arbeit leisten müssen. Stattdessen werden aber die rassistischen Strukturen, die auch das Studieren und Arbeiten an der Universität Hamburg prägen, vom AStA „liebevoll“ stilisiert.

Nach dieser skandalösen Einstiegsszene jagt ein Stereotyp das andere: Die ewig gestrigen Linken (natürlich männlich, langhaarig, bärtig und mit schlechter Artikulation), die immer noch gegen Brokdorf sind, das knutschende Pärchen in der Materialkammer, das natürlich hetero sein muss oder der Wohnungslose, der an der Uni in Mülleimern wühlt. Auch hier wird wieder „liebevoll“ stilisiert, was der schönen heilen Uniwelt täglich den Spiegel gesellschaftlicher Realität vorhält und eigentlich Anlass für Reflektion und Solidarität geben sollte. In diesem „Image-Film“ bleibt jedoch alles auf seinem gesellschaftlich zugewiesenen Platz (entlang von Hautfarbe, Geschlecht und Klasse), wird weiter aufrecht erhalten und fortgeschrieben. Doch bereits eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihren Kritiker_innen scheint zu hoch für die AStA Leute und wird abgeblockt.

Uns stellt sich die Frage, was dieser Film eigentlich soll. Satire kann er nicht sein – auch wenn der Macher Timo Hempel es gerne so sehen würde. Allein es fehlt ihm die dafür nötige geistige Durchdringung der Sachverhalte – das hat er schon durch die platten, bruchlosen Reproduktionen von Stereotypen bewiesen. Seine Rechtfertigung, der Film sei voller Insider-Witze, wirft bei uns weiterhin die Frage auf, ob zur Verbreitung von unverständlichen Witzen auf dem Niveau von Mario Barth tausende Euros der Studierenden ausgegeben werden müssen. Denn auch die Referent_innen des AStA selbst werden in dem Film diffamiert und als inkompetent dargestellt, weil sie keinerlei nützliche Hilfestellung geben können. Verknüpft wird das Ganze dann recht zusammenhangslos mit der Botschaft: „AStA, der kriegt alles für Sie auf die Reihe“, was offensichtlich hinkt. Was der AStA mit seinem Image-Film aber unseres Erachtens tatsächlich hingekriegt hat ist, einen tiefen Einblick zu liefern, wie es politisch um ihn bestellt ist: nämlich extrem finster.

Die AG Queer Studies war mit einigen Leuten vor Ort und erklärt hiermit ihre Solidarität mit dem Black Students Network und allen anderen Gruppen oder Einzelpersonen, die auch gegen diesen Film und dabei waren, um gegen Rassismus aufzustehen und sich zu Recht lauthals zu empören. Gerne geben wir an dieser Stelle folgenden Aufruf weiter, welcher uns durch die GEW-Studis erreichte:

Am kommenden Montag (07.02.) um 18:00 Uhr findet im Subkultur Paranoia (VMP8, K57) ein Treffen in Sachen AStA-Image-Film und Konsequenzen daraus statt, zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind.

Wir fordern die sofortige Entlassung von Timo Hempel als den so genannten „Sonderbeauftragten für Kultur“.
Außerdem fordern wir den AStA auf, sich über alle Kanäle für seine rassistischen und sexistischen Machenschaften zu entschuldigen. Die Idee, diesen Film bei Orientierungseinheiten allen Erstsemester_innen zu zeigen, um den AStA bekannt und beliebt zu machen, ist nicht nur absurd, sondern auch menschenverachtend.
Last but not least, muss die Summe der studentischen Gelder, die auf dieses Schmierentheater verwendet wurde, offen gelegt und am besten von den Verantwortlichen zurück gefordert werden, um für sinnvolle Projekte gegen Rassismus und für mehr politische Bildung (vor allem auch für die Verantwortlichen im AStA selbst) eingesetzt werden zu können.

In tiefer Erschütterung und mit einer gehörigen Portion Wut,
Die AG Queer Studies

weitere Nachbereitungen der Ereignisse:

Nachtrag:
Der AStA hat anscheinend dafür gesorgt, dass das Video bei YouTube rausgenommen wird. Folgende Nachricht dazu hat uns eben erreicht:

Es gibt Neuigkeiten: YouTube hat aus „Urheberrechtlichen Gründen“ das Video von der Filmpremiere herausgenommen. Man kann sich die Videos (zur Zeit) nicht mehr angucken!!
Hahahah da versucht wohl der Asta durch Zensur bzw. durch formal-rechtliche Schritte die eigene rassistische Moppelkotze zu vertuschen….! Echt Peinlich!!!! (Bitte verbreitet diese „frohe Botschaft“)
Es wird bestimmt Leute geben die die Videos bald wieder online stellen werden…..!

ANTIRASSISMUS LÄSST SICH NICHT ZENSIERN!!!

Außerdem scheint der AStA zu denken, dass sich der Protest schon wieder gelegt hat. Dem ist aber nicht so!
Wir hatten heute ein sehr produktives Treffen und halten euch über baldige Aktionen auf dem Laufenden. Wer noch dazu kommen möchte, kann gerne nächsten Montag (14.02.) wieder um 18 Uhr im Subkultur Paranoia (VMP8, K57) dabei sein.

20 Gedanken zu „Der AStA und die Ignoranz gegenüber eigenen Rassismen in einem misslungenen „Image-Film“

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  5. Dankeschön. (Für die Mühe das offensichtliche noch einmal darzustellen. Für die Zusammenfassung. Für die Erschütterung.)

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  7. Bei aller Sympathie für eure kritische Position erscheinen mir Teile eurer Analyse leider doch etwas naiv:

    „Die Idee, diesen Film bei Orientierungseinheiten allen Erstsemester_innen zu zeigen, um den AStA bekannt und beliebt zu machen, ist nicht nur absurd, sondern auch menschenverachtend.“

    Hat die produzierende Fraktion um Timo Hempel wirklich davon gesprochen, dieser Film solle den AStA „bekannt und beliebt“ machen?
    Ich kenne dazu nur die Aussage, es handele sich um einen „Image-Film“.
    Und das ist es ja ganz offenbar auch – von einem positiven Image war ja nicht unbedingt die Rede ;-)

    Abseits der Themen Rassismus, Stereotypen, usw. geht es hier doch ganz offensichtlich um eine gezielt negative Darstellung der Institution AStA allgemein, durchgeführt auf Kosten der Studierenden durch die derzeit auf dem Rückzug befindliche Juso-Fraktion von Timo Hempel & Co.

    Auf den ersten Blick erscheint das vielleicht ein reines Schmollen, bei näherer Betrachtung ist es aber gut durchorganisiert:

    1. einen (Negativ-)Imagefilm drehen lassen
    2. für die Zukunftswirkung die spätere Vorführung in OEs fordern (LOL)
    3. dem nachfolgenden AStA ein Finanzloch hinterlassen und somit die zukünftigen Haushaltsmittel der politischen Gegner etwas einschränken
    4. evt. juristische Probleme dieser Kostenfrage ebenfalls als „Morgengabe“ an die Nachfolger hinterlassen
    5. gut erkennbare Provokationen in de Film einarbeiten (hier vor allem: Rassismus), um die Aufmerksamkeit der Kritiker und politischen Gegner auf diesen Einzelpunkt zu lenken (als „Nebelkerze“)

    Es geht vermutlich gar nicht um den Rassismus im Film, dieser ist nur ein Ablenkungsmanöver um die sehr gut geplant wirkende „Politik der verbrannten Erde“ gegenüber dem nachfolgenden AStA zumindest vorläufig noch etwas zu verschleiern.

    Wer dies für eine „paranoide Verschwörungstheorie“ hält, sollte sich evt. mal mit den bisherigen Aktionen der Kahrs-Fraktion in HH beschäftigen. Die oben dargestellte Denkweise würde gut ins bisherige Schema passen.

  8. Wow, sehr guter Artikel. Super argumentativ die Kritik am AStA-Imagefilm „Inside AStA“ mit seinen Klassismen, Rassismen und Sexismen wiedergegeben. Vielen Dank!

  9. Bei aller berechtigen Kritik an der Kahrs-Fraktion in HH und im AStA. Als der Film gedreht wurde und die Filmpremiere vorbereitet wurde, war der Verlust der sicheren Mehrheit für die AStA-Koalition noch nicht absehbar. Da ja nicht nur die „Kahrs-Fraktion“ (Juso-HSG + Supporter_innen), sondern auch die andere Listen der AStA-Koalition bereits letztes Jahr den organisatorischen und finanziellen Weg für diesen „Imagefilm“ frei gemacht haben, ist die von dir erwähnte “Politik der verbrannten Erde” wirklich eine “paranoide Verschwörungstheorie”. Ich halte die obige Analyse der „AG Queer Studies“ für sehr treffend.

  10. Pingback: Der Radikal-IndividualistASta-Image-Film "Inside ASta" » Der Radikal-Individualist

  11. Stupanews nennt weitere Online-Ressourcen über die die Dokumentation der Premiere des AStA-Image-Films verfügbar ist:

    Youtube:
    * Dokumentation der Diskussion VOR Beginn des AStA-Image-Films „Inside AStA“: http://www.youtube.com/watch?v=Zyj1bAsGkqI
    * Dokumentation der Diskussion NACH dem AStA-Image-Film (TEIL 1): http://www.youtube.com/watch?v=tGqd5NrQsK8
    * Dokumentation der Diskussion NACH dem AStA-Image-Film (TEIL 2): http://www.youtube.com/watch?v=v87ywKMf4QQ

    Veoh:
    * Mitschnitt des Image-Films anlässlich der Premiere am 03.02.2011 im Abaton: http://www.veoh.com/browse/videos/category/activism_non_profit/watch/v20777592NcBPx927

    Vimeo:
    * Mitschnitt des Image-Films bei der Premiere am 03.02.2011 im Abaton: http://vimeo.com/19707944

    Rapidshare:
    * zip-Archiv mit allen drei Teilen des Mitschnitts, die ursprünglich bei Youtube online waren: http://rapidshare.com/files/446869961/asta_image-film__3_teile_.zip (450 MB).
    * nur der Image-Film: http://rapidshare.com/files/446871659/02_image-film.avi (100 MB).

    So, wie sich dieser AStA momentan verhält, schadet es sicher nicht, den Film herunterzuladen und an weiteren Stellen zu deponieren…

    http://stupanews.wordpress.com/2011/02/08/asta-versucht-sich-als-zensor-dokumentation-der-image-film-premiere-wieder-online/

  12. gerade zu klischeehaft liest sich auch ein neuer beitrag zu dem thema auf der asta-seite:

    „Wenn Vorurteile klar erkenntlich überspitzt und sterilisiert dargestellt werden und diese Einsicht zusätzlich durch filmtheoretische Betrachtung gestützt werden kann, kommuniziert der Film die Absurdität des Gezeigten und beschreibt damit sein differenziertes Gegenteil.
    Der Film „Inside AStA“ wurde somit als nicht-rassistisch eingeordnet und wird in den nächsten Tagen auf der Homepage des AStA veröffentlicht.
    Nur durch die vorherige Erkenntnis ist beispielsweise Kabarett, welches gerne politische Ereignisse kommentiert, generell möglich.“

    Aha, ist also ganz einfach: Wer die Definitionsmacht hat, kann halt bestimmen was rassistisch ist… (und was Sterilisation damit zu tun hat? wer weiß.)

    Und weiter ganz klassisch:

    “ Als AStA UHH haben wir uns in der vergangenen Legislatur für die Stärkung von Organen der Verfassten Studierendenschaft eingesetzt, die auch anti-rassistisch und anti-diskriminierend wirken.“

    So nach dem Motto: Wir sind doch die, die sich immer so toll einsetzten, Nein, und statt uns dafür dankbar zu sein… wird gemeckert.

    Echt zum Kotzen.

    In Gänze unter: http://www.asta-uhh.de/home/home-detail/article/zum-thema-rassismus.html

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  15. Pingback: Rassismus an der Hochschule « Afrika Wissen Schaft

  16. Die politische Hochschulgruppe Regenbogen / Alternative Linke schließt sich der Analyse der AG Queer Studies zum „AStA-Image Film“ an. Es freut uns, dass im Pferdestall eine Ausstellung zum Thema Postkolonialismus in Planung ist, da so eine Fortsetzung der Diskussion dieses Themas im wissenschaftlichen Diskurs gegeben ist. (Quelle: http://www.regenbogenhamburg.de/?q=node/149)

    Die Videodokumentation der Premiere des AStA-Imagefilms im Abaton Kino am 03.02.2011 steht jetzt hier als Video online: http://vimeo.com/19704776 .

    Und auch CampusGrün gibt eine Stellungsnahme zum Film ab: http://www.campusgruen.org/news/Stellungnahme_Inside-AStA/ . Erneute Kritik am AStA “Image Film” veröffentlicht der Fachschaftsrat Geographie ( http://www.fsr-geographie.de/2011/02/erneute-kritik-am-asta-image-film/ ) und diese wird vom Fachschaftsrat Sozialwissenschaften unterstützt http://www.wiso.uni-hamburg.de/projekte/fsr-sozialwissenschaften/fsrsowiaktuelles/ansicht/meldung/der-neue-asta-imagefilm-wir-unterstuetzen-die-kritische-stellungnahme-des-fsr-geographie/ .Die Fachschaftsräte der Erziehungswissenschaften veröffentlichten ihre Meinung bereits in der Kritik am Einladungstext zum Film: http://webapp5.rrz.uni-hamburg.de/fsr-db/wordpress/?p=894 .

  17. Die Taz hat gestern einen Artikel mit der Kritik am Film abgedruckt. Auf der Homepage ist eine Kurzversion des Berichts lesen. „Satire oder Rassismus, Tanzende Putzfrauen“. Der neue Imagefilm des Hamburger Uni-Asta verärgert studentische Hochschulgruppen. Sie werfen dem Film „Rassismus“ und „Sexismus“ vor: http://www.taz.de/1/nord/hamburg/artikel/1/tanzende-putzfrauen/ .

    Bereits vor einigen Tagen berichteten die Jungle World, die Hamburger Morgenpost (Mopo) sowie das Abendblatt. Der AStA-Sonderbeauftragte für Kultur, Timo Hempel, beantwortet auf abgeordnetenwatch.de fragen zum Imagefilm „Inside AStA“ und dessen Finanzierung eher ausweichend: http://www.abgeordnetenwatch.de/timo_hempel-294-40923.html .

  18. Pingback: Das kleine Einmaleins gängiger Abwehrmechanismen: Lippenbekenntnisse, Definitionsmacht und die überempfindlichen Anderen « meta . ©® . com

  19. Das Studierendenparlament der Hochschule für Musik und Theater Hamburg ist von dem Film ebenso entsetzt und unterstützt diese Stellungnahme mit Nachdruck!
    Simon Kannenberg, Präsident

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